Ende Januar 2002 entdeckte der damalige US-Präsident George W. Bush die axis of evil – die Achse des Bösen. Dazu zählte er die Schurkenstaaten Nordkorea, Iran und Irak. Der Irak wurde ein paar Jahre später mit Hilfe der USA aus dieser Achse befreit, und der Begriff verschwand aus der Diskussion. Nun hat der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter die Achse des Bösen wieder ausgegraben. In diesem Nachfolgemodell ist sie aber anders zusammengesetzt, sie besteht nämlich laut Kiesewetter aus China, Russland, Iran und Nordkorea. Mit diesen Staaten befinde man sich in einem Systemkrieg, sagte er am 5. Dezember in einem Interview mit Reuters. In diesem Interview sprach er auch das Thema Taiwan an und forderte: „Deutschland sollte sich klar und eindeutig auf die Seite der Demokratie stellen und seine Ein-China-Politik überdenken.“ Soweit ich das überblicken kann, ist Kiesewetter der erste deutsche Politiker, der das Ende der Ein-China-Politik öffentlich fordert. Damit stellt sich Kiesewetter, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, gegen die Linie seiner eigenen Partei. Denn im Positionspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu China vom 18. April 2023 heißt es auf Seite 9: „Maßgeblich ist für uns eine Ein-China-Politik, wie wir sie im EU-, NATO- und G7-Kontext verstehen.“ Warum widerspricht ihm niemand in der CDU? Bislang war es common sense in Berlin, an der Ein-China-Politik festzuhalten. Das ist auch die Position der Bundesregierung, auch wenn vor allem das Auswärtige Amt (AA) eine freundlichere Taiwan-Politik fährt. Fast zeitgleich mit Kiesewetters Taiwan-Äußerungen gab das AA bekannt, dass eine Deutsch-Taiwanesische Dialogplattform geschaffen wurde. Sie soll bis zu zwölf Mitglieder auf jeder Seite haben und von zwei Ko-Vorsitzenden geführt werden. Auf taiwanesischer Seite ist es Ku Chung-hwa, ehemaliger Soziologie-Professor an der National Chengchi Universität. Für die deutsche Seite ernannte Außenministerin Annalena Baerbock ihren Parteifreund Reinhard Bütikofer (70), der für die Grünen im Europaparlament sitzt, dort aber nächstes Jahr ausscheiden wird. Das neue Gremium ist nach dem Deutsch-Chinesischen Dialogforum modelliert, das 2005 geschaffen wurde. Die Deutsch-Taiwanesische Dialogplattform wird 2024 ihre Arbeit aufnehmen und sich einmal im Jahr treffen.
Info:
Pressemitteilung AA: https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/-/2634782
Pressemitteilung Taiwanesisches Außenministerium: https://en.mofa.gov.tw/News_Content.aspx?n=1328&sms=273&s=116096