Ein Fax, das am schwarzen Brett des NDR hing, veränderte sein Leben. Dort bot im Jahr 2007 die Taipeh Vertretung in Hamburg ein dreimonatiges Stipendium in Taiwan für deutsche Journalisten an. Klaus Bardenhagen (45) hatte bis dato nichts mit Asien und mit China zu tun. Er arbeitete damals nach seinem NDR-Volontariat als freier Mitarbeiter in der Wirtschafts- und Verbraucherredaktion des NDR, die vor allem montags die Sendung „Markt“ produzierte. Das Fax weckte Neugierde: „Ich war noch nie in Asien und wusste wenig über Taiwan.“ Hinzu kam: „Es war viel Routine im Redaktionsalltag geworden, die Themen wiederholten sich“. Also sagte er sich: „Warum nicht mal was Neues wagen?“. Im März 2008 flog er nach Taipeh. Er kam mitten in den Präsidentenwahlkampf, schrieb erste Berichte und fing an, Chinesisch zu lernen. Nach drei Monaten war das Abenteuer vorbei und Bardenhagen kam nach seiner Rückkehr ins Grübeln: War´s das oder mache ich weiter? Aber wenn ich mit der Sprache weitermache, muss ich in dem Land leben. 2009 entschied er dann: „Jetzt riskiere ich das und gehe dahin.“ Und jetzt, 12 Jahre später, ist er immer noch da. Lange Zeit war Bardenhagen der einzige deutschsprachige Journalist vor Ort. Aber er musste erfahren, dass die deutschen Medien sich nur spärlich für Taiwan interessierten. Nur wenn sich Krisen oder Unglücke ereigneten, war er gefragt. „Immer wenn Spannungen zugenommen haben, stieg das Interesse an Taiwan“, sagt er. Ansonsten kaprizierte er sich auf Beiträge vor allem für Radio und Fernsehen, deren Honorare höher waren als die der Printmedien. So schlug er sich durch in einem Land, dessen Lebenshaltungskosten niedriger sind als in Deutschland. „Viele Dinge kosten hier nur ein Drittel.“ Strom und Benzin sind zum Beispiel subventioniert. Aber auch auf Taiwan sind die Immobilienpreise explodiert. Er selbst wohnt zur Miete im inneren Metrobereich der Hauptstadt Taipeh. Mittlerweile hat sich außerdem die Auftragslage verändert. „Die entscheidende Wende kam 2019“, sagt Bardenhagen. Durch die Trumpsche Anti-China- und Pro-Taiwan-Politik rückte die Insel plötzlich ins Zentrum der Geopolitik – und ist es bis heute geblieben. Auch in Deutschland und der EU bekommt Taiwan immer mehr Aufmerksamkeit, die durch Corona nochmals gesteigert wurde. „Kein Land hat auf Corona besser reagiert als Taiwan“, sagt Bardenhagen, „und das mit demokratischen Mitteln.“ Derzeit gebe es nur noch selten einheimische Covid-Infektionen auf der Insel. Immer wieder konnte er in deutschen Medien die erfolgreiche Corona-Politik Taiwans erklären. Dies hätte auch dem Land gutgetan. Denn: „Taiwan dürstet nach Aufmerksamkeit, weil es so isoliert ist.“ Taiwan sei ein Land, wo man gut leben kann, wo man Freiheiten genießen kann, und das sehr effizient funktioniere. Vor allem die Technologiefreundlichkeit sei schon sehr beeindruckend für jemand, der aus Deutschland kommt. Für ihn ist Taiwan die bessere Wahl im Vergleich zum anderen, großen und mächtigen China, in dem er nur einmal war und das er mit einer gewissen, kritischen Distanz betrachtet. Inzwischen ist er auch nicht mehr der einzige deutsche Journalist in Taiwan. Kathrin Hille, die für die Financial Times schreibt, ist wieder dort, und Carina Rother berichtet jetzt regelmäßig für den Deutschlandfunk. Konkurrenz? „Ach was, Konkurrenz belebt das Geschäft und Taiwan bekommt dadurch noch mehr Aufmerksamkeit, die es auch verdient.“
Info:
Hier geht es zum Blog von Klaus Bardenhagen: https://intaiwan.net/category/english/