POLITIK I Der geheimnisvolle China-US-Deal: Chips gegen Seltene Erden

Am späten Abend des 26. Juni, einem Donnerstag, sagte Donald Trump im Weißen Haus quasi nebenbei: „We just signed with China yesterday.“ Was da am Mittwoch, den 25. Juni, unterzeichnet wurde, blieb allerdings lange Zeit unklar. Keine der beiden Seiten trug in den folgenden Tagen zur Aufklärung bei. Das chinesische Handelsministerium ließ am darauffolgenden Freitag lediglich verlauten: „China will, in accordance with the law, review and approve eligible export applications for controlled items. In turn, the United States will lift a series of restrictive measures it had imposed on China.’” US-Finanzminister Scott Bessent trat am selbigen Freitag bei der Fox-Show „Mornings with Maria“ auf und sprach erst allgemein: „What we’ve seeing here is a de-escalation under President Donald Trump’s leadership.” Später wurde er etwas deutlicher: “Chinese had agreed to make it easier for American firms to acquire Chinese magnets and rare earths.” Das schien also ein Teil des Deals zu sein: China lockert seine Restriktionen beim Export von Seltenen Erden.

Seltene Erden sind das große Faustpfand in den Händen Chinas. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) produziert China 61 Prozent der Seltenen Erden, und noch schlimmer: 92 Prozent der SE werden dort verarbeitet. China hat also ein Quasi-Monopol. Diese Seltenen Erden werden in vielen Produkten benötigt – vor allem auch in der Rüstungsindustrie. Michael Dunne schreibt in seinem Blog: „American cannot build a single guided missile without permission from Beijing. That is not a hyperbole. It´s the stark reality of America´s dependence on Chinese rare earth magnats.” So stecken zum Beispiel in einem U-Boot der Virginia-Klasse rund 4200 Kilogramm Seltene Erden. Der Thinktank RAND bemerkt, dass bei einer 90tägigen Unterbrechung der SE-Lieferungen 78 Prozent der amerikanischen Rüstungsfirmen ihre Produktion einstellen müssten.

Eine bittere Erkenntnis der Abhängigkeit von China, die offenbar auch Präsident Trump zu Ohren gekommen ist. Ob ihm das auch Chinas Präsident Xi Jinping in dem berühmten Telefongespräch vom 5. Juni so deutlich gesagt hat, wissen wir natürlich nicht. Aber nach dem Call mit Xi sagte Trump: „There should no longer be any questions respecting the complexity of Rare Earth products.” Nur wenige Tage später – am 9. und 10. Juni – trafen sich hochrangige Delegationen aus China und den USA in London. Dort wurden die Grundlagen für den ominösen Deal ausgehandelt, den Trump am 26. Juni verkündete.

China bot damals offenbar Lockerungen der Restriktionen bei den Seltenen Erden an. Und was mussten die USA dafür anbieten? Handelsminister Howard Lutnick wollte gegenüber Bloomberg zunächst nicht so richtig raus mit der Sprache und sagte lediglich, dass „the US would remove countermeasures on China“.   Welche Gegenmaßnahmen die USA zurücknehmen wollten, blieb zunächst unklar. Aber in den vergangenen Tagen sickerte durch, auf welchen Gebieten die USA China entgegenkommen sind. Es sind vor allem drei Bereiche:

  • Bei Chip Design Software, in der Fachsprache EDA – Electronic Design Automation – genannt. Sie bildet das Grundgerüst, um eigene Chips entwerfen zu können. Die drei weltweit wichtigsten Anbieter sind Synopsys, Cadence Design Systems und Siemens. Sie dürfen nun wieder nach China liefern.
  • Bei Triebwerken für Flugzeuge. Chinas Staatskonzern Comac ist bei der Produktion seiner Jets C919 und C909 nach wie vor auf Triebwerke von CFM International – einem Joint-Venture von Safran und GE Aerospace – angewiesen. Auch hier wurden die Sanktionen aufgehoben. GE Aerospace darf wieder liefern.
  • Und schließlich bei Ethan. Das für die petrochemische Industrie wichtige Ethan darf auch wieder nach China verschifft werden.

Wie ist nun dieser Deal – Chips und Triebwerke versus Seltene Erden – zu werten? Zwei Punkte sind wichtig.

Erstens: China hat zum ersten Mal die Seltenen Erden als Waffe in der Auseinandersetzung mit den USA eingesetzt. Und Zweitens: Die USA mussten wichtige Zugeständnisse machen, was auch die kleinlaute Verkündigung des Deals durch den großen Dealmaker Trump erklären lässt. Bloomberg kommentiert: „Washington has now put export controls, a national security tool historically treated as non-negotiable, on the table in trade talks.”

Info:

Hier zwei interessante Artikel über die Bedeutung der Seltenen Erden in der Auseinandersetzung zwischen China und den USA.

Sim Tze Wei In ThinkChina: https://www.thinkchina.sg/economy/big-read-can-china-use-rare-earths-checkmate-us

Amber Zhang im Blog Baiguan: https://www.baiguan.news/p/china-rare-earths-supply-chain-monopoly-trade-war-tariffs-trump-mountain-pass-lynas-critical-raw-materials-act-eu-resilience-initiative-us-defense-magnets-electric-vehicles-evs-automakers-robotics-renewables-semiconductors-dysprosium-round-top-project

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