Wie kurbelt man in China den Konsum an? Das ist schon seit Jahren das große Thema. Denn im Vergleich zu anderen Nationen ist die Konsumquote (Anteil des privaten Verbrauchs am Sozialprodukt) in China viel geringer. Die chinesische Führung scheint aber nun eine Steigerung des Konsums entschlossener anzugehen. Interessant ist, dass vor allem in den kleineren Städten die Neigung der Bürger mehr zu konsumieren größer ist als in den Metropolen. Darüber berichtet Li Xin in dem Sixth-Tone-Artikel “Small City, Big Spenders: The Rise of China’s New Consumer Class”. Es zeichnet sich danach eine Veränderung der chinesischen Konsum-Landschaft ab. In dem Artikel wird Lisa Hu, Partnerin beim Beratungsunternehmen Alix Partners, zitiert: „China´s consumption market is gradually transitioning from being primarily driven by top-tier-cities to a model of dual-engine growth.” Bislang war es so, dass die Bewohner der großen Metropolen Shanghai, Beijing, Guangzhou und Shenzhen (die sogenannten tier-one-Städte) sehr spendabel waren. Nun werden sie aber von den Bürgern der kleineren Städte (von tier-two bis tier-five) übertroffen (zur Einteilung der chinesischen Städte in tiers siehe das folgende CHINAHIRN Lexikon). Das ergeben die Zahlen für das Jahr 2024. Landesweit stiegen die Konsumausgaben um fünf Prozent. Für Shanghai betrug das Wachstum nur magere 0,5 Prozent, aber Städte wie Wenzhou, Jinhua, Taizhou und Quanzhou (tier-two) lagen zum Teil deutlich über dem Durchschnitt. Diesen Trend bestätigt auch der China Shopper Report 2024 der Unternehmensberatung Bain. Sie untersuchte den Absatz von sogenannten Fast-Moving Consumer Goods (FMCG), worunter man Produkte des täglichen Bedarfs versteht. Ihr Absatz ging in tier-one. und tier-two-Städten zurück, während er in tier-3- und tier-4-Städten deutlich zunahm. Wie ist diese Entwicklung zu erklären? Zum einen steigen die verfügbaren Einkommen in den kleineren Städten stärker als in den Metropolen. Zum anderen kehren immer mehr Wanderarbeiter zurück. „These returnees bring with them the spending habits they have developed while living in big citites”, sagt Zhang Bochao von der Shanghai Academy of Social Sciences. Außerdem sind die Kosten fürs Wohnen geringer, weshalb mehr Geld zum Konsum zur Verfügung steht. Interessant ist, dass inzwischen auch Luxusartikel in kleineren Städten mehr gefragt sind als in den Metropolen. Entsprechende Zahlen legte das Beratungsunternehmen MDRi vor. In den Online-Medien wird etwas boshaft von den „small-town noble ladies“ gesprochen, die Produkte der Luxusmarken kaufen, Auslandsreisen unternehmen und nachmittags Tee in Premium-Hotels trinken. Viele ausländische Unternehmen reagieren auf diesen Trend und eröffnen Filialen in den kleineren Städten. So gibt es in einer Mall in der 1,5-Millionen-Stadt Yongkang – um nur ein Beispiel zu nennen – Shops von Starbucks, Nike und Uniqlo, außerdem ein Hilton und einen Sam’s Club. Sollte der Trend zum höherwertigen Konsum in den kleineren Städten anhalten, könnte das zu der erwünschten Erhöhung der Konsumquote beitragen. Denn immerhin leben über 70 Prozent der Chinesen in Städten der dritten Reihe und darunter.
Info:
Der Beitrag in Sixth Tone: https://www.sixthtone.com/news/1017003
Studie von Bain:https://www.bain.com/insights/china-shopper-report-2024-volume-2/
Studie von MDRi: https://mdr-i.com/wp-content/uploads/2024/11/china-luxury-consumer-forecast-2025-report-9336d62f70f05b1786a0ba9471f59c86.pdf