THEATER I To Mom, I want to

Es ist ein Dokumentartheater von größter Seltenheit: Vier in Berlin lebende Chinesinnen geben intimsten Einblick in ihre chinesische Vergangenheit, zeigen Familienbilder, sprechen über die Konflikte mit ihren Müttern, schildern ihre Erziehung in der Volksrepublik, aber auch ihre ganz persönlichen Gründe für den großen Sprung nach Berlin. Die deutsche Uraufführung von „To Mom, I want to“ des Berliner Künstlerinnenkollektivs Nomadic Minutes fand Anfang Mai im Berliner Ballhaus Ost statt. Die chinesische Uraufführung steht derweil am 24. Mai im Young Theatre Shanghai samt einer zweiten Aufführung am 25. Mai noch bevor. Dramaturgin ist die in China und den USA lebende Autorin Jiayun Zhang.

„Natürlich werde ich in Shanghai mehr Chinesisch reden“, kommentierte die in China lange Zeit erfolgreiche Theaterregisseurin Cao Kefei ihren Auftritt im Ballhaus Ost. Cao ist heute eine der vier Performerinnen von Nomadic Minutes – vier chinesische Frauen aus vier Generationen, von denen Cao die älteste vertritt. „To Mom, I want to“ beginnt denn auch mit einem alten Schwarz-weiß-Foto von Caos Mutter, zu dem die Tochter auf der Bühne erzählt, wie schwierig es in den sechziger und siebziger Jahren in China zwischen Kulturrevolution und dem Aufbruch ins Reformzeitalter war, Erziehung und Beruf zu vereinbaren. Erstaunlich daran sind weniger die Schwierigkeiten von Caos Mutter, als vielmehr ihr modernes und zeitgemäßes Handeln sowie ihr beruflicher Ehrgeiz, den sie nicht zu kurz kommen ließ. Nicht weniger spannend sind die Einblicke in Kindheit und Werdegang der drei anderen Protagonistinnen, etwa der Fabrikarbeiterinnentochter in Xian oder der Tochter einer modernen Mittelstandsfamilie in Guangdong. Das Stück erforsche, wie „Individuen kontinuierlich zeitliche und physische Grenzen, Informationsasymmetrien sowie soziokulturelle Unterschiede zwischen ihrem Heimat- und Gastland überwinden“, schreibt das Goethe-Institut, das die Vorstellung in Berlin und Shanghai finanziell unterstützt.

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