WIRTSCHAFT I Warum China „Schuld“ an den hohen Schokoladenpreisen hat

Sollten Sie – wie ich – begeisterter Schokoladenesser sein, haben Sie sich sicher schon gewundert, warum eine Tafel Milka in den Supermärkten plötzlich 1,99 Euro kostet. Bis vor kurzem lag der Preis noch bei 1,49 Euro. Von den früheren Preisen ganz zu schweigen. Man vermutet als Laie zuerst, dass die Kakaoernte mal wieder schlecht ausgefallen ist und deshalb die Schokolade so teuer geworden ist. Das ist nicht mal die halbe Wahrheit. Nein, der Grund ist ein anderer. Es finden schon seit ein paar Jahren gravierende Verschiebungen auf dem globalen Kakaomarkt statt. Und China ist als neuer Akteur mittendrin und nicht ganz unbeteiligt. China engagiert sich seit Jahren in den beiden westafrikanischen Staaten Elfenbeinküste und Ghana. Beide gehören zu den größten Kakaoanbau-Ländern der Welt. Und beide sind zu der aus ihrer Sicht richtigen Erkenntnis gekommen, dass die Kakaobohnen gefälligst dort verarbeitet werden sollen, wo sie geerntet werden – nämlich bei ihnen. Bislang war es so, dass die großen (westlichen) Rohstoffhändler wie Barry Callebaut, Olam oder Cargill die Kakaobohnen kauften und verarbeiteten, bevor sie an die Schokoladenhersteller weiterverkauft wurden. Aber nun werden in Ghana und in der Elfenbeinküste Fabriken gebaut, die die Kakaobohnen vor Ort verarbeiten. Und dabei hilft ihnen China – mit Krediten und Know-How. Ghana kooperiert schon seit 2019 mit China. In Sefwi Wiawso, im Westen des Landes, steht inzwischen eine Kakao-Fabrik. Sie entstand im Rahmen einer sogenannten Public Private Partnership zwischen der China General Technology Group (Genertech) und dem Ghanaian Cocoa Board). In der Elfenbeinküste entstehen derzeit zwei Fabriken mit chinesischer Hilfe – eine in der Nähe der Hauptstadt Abidjian, eine andere in der Hafenstadt San Pedro. Bei der Grundsteinlegung im September 2020 sprach Präsident Alassane Ouattara von einem neuen Kapitel für die Kakaoindustrie des Landes. Spätestens in diesem Jahr soll die gesamte Kakaoernte im Lande verarbeitet werden. Allerdings wird in beiden Ländern auch Kritik an der Kooperation mit China geübt. Man hätte dadurch nur eine Abhängigkeit (die von den westlichen Rohstoffhändlern) gegen eine andere (die von den Chinesen) getauscht. So hat sich zum Beispiel China 40 Prozent der Produktion in den beiden Fabriken der Elfenbeinküste gesichert. Zwar liegt der Pro-Kopf-Verbrauch an Schokolade in China noch unter 100 Gramm im Jahr (Deutschland: knapp 10 Kilogramm), aber China ist der am schnellsten wachsende Schokoladenmarkt der Welt. Deshalb der chinesische Zugriff auf den verarbeiteten Kakao in Ghana und der Elfenbeinküste. Diese Mengen werden freilich dem westlichen Markt entzogen, so dass dort die Kakao- und letztendlich auch die Schokoladenpreise steigen. Und so kostet die Milka eben inzwischen 1,99 Euro.

Info:

Mehr über Chinas Engagement in Ghana und der Elfenbeküste in dem Blog „Inside China“ von Kevin Walmsley:

https://kdwalmsley.substack.com/p/now-its-chocolate-ghana-ivory-coast

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