2018 verkündete Chinas Regierung das Ende der Ein-Kind-Politik. Im Mai dieses Jahres verabschiedete sie sich gar von der Zwei-Kind-Politik und propagierte eine Drei-Kind-Politik. Doch diese Lockerungen bringen nicht die erwünschten Ergebnisse. Auch im vergangenen Jahr ist die Zahl der Geburten weiter zurückgegangen. Nur 12 Millionen Chinesen wurden 2020 geboren. Das ist der niedrigste Stand seit 1961. Auch die ersten Zahlen für 2021 lassen keine Trendumkehr erkennen. Yu Xuejun, stellvertretender Vorsitzender der National Health Commission (NHC), sagte bei einem Briefing in Beijing: „Fertility levels and new births are expected to keep falling this year, based on our monitoring of birth and population in the first half of 2021.“ Bloomberg Economics schätzt, dass bei diesem Trend noch vor 2025 die chinesische Bevölkerung (aktueller Stand: 1,41 Milliarden) zu sinken beginnt. Schlimmer noch: In den nächsten Jahrzehnten werde nach Berechnungen von Bloomberg Economics die Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter um mehr als 260 Millionen sinken. Cai Fang, Vorstandsmitglied der Zentralbank, sagt: „We will face a shift in labour supply from abundance to shortage.” Und er sieht noch einen weiteren ökonomischen Nachteil: “Economic growth may be constrained by lagging consumer demand.“ Weniger Menschen, weniger Konsum. Sein Vorschlag für einen Ausweg aus der Misere: „The only thing we can rely on is to increase Productivity.” Partei und Regierung haben aber noch ein paar andere Ideen, wie man chinesische Paare von mehr Kindern überzeugen kann. Es ist ja nicht so, dass die Paare nicht wollen, aber sie können nicht. Das Aufziehen von Kindern ist schlicht zu teuer und zu stressig geworden – vor allem, wenn beide Elternteile berufstätig sind. Deshalb hat der Staatsrat (in Übereinstimmung mit dem Zentralkomitee der KP) am 19. Juli ein ganzes Maßnahmenbündel verkündet. Zunächst sollen Kosten für die Erziehung steuermindernd geltend gemacht werden können. Die Zahl der Kindergartenplätze soll erhöht werden. Bis 2025 sollen 90 Prozent aller Kinder einen garantierten Platz bekommen. Grund- und Mittelschulen sollen auch nach dem Unterricht noch mindestens zwei Stunden offenbleiben und mehr Freizeitmöglichkeiten anbieten, um die Eltern zu entlasten. Außerdem sollen Familien bei der Wohnungssuche bevorzugt werden und Frauen endlich die ihnen zustehenden Rechte am Arbeitsplatz und bei der Bezahlung bekommen. Die ersten Reaktionen von Betroffenen sind zurückhaltend. Zum großen Babyboom wird es wohl nicht kommen.
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