POLITIK I Besuchsdiplomatie

Tausende Chinesen pilgerten am vergangenen Samstag zum Flughafen und vors vornehme Four Season Hotel in Beijing. Sie wollten hier wie dort einen Blick auf einen 1,70-Meter großen Mann ergattern, der für ein paar Tage zwecks eines Fußballspiels in Beijing weilte: Lionel Messi. Der Argentinier war sicher der populärste Besucher, der in den vergangenen Tagen und Wochen China besuchte. Aber er war nicht der einzige Promi, der das Land bereiste. Politiker wie Manager aus vielen Ländern stiegen in Linien-, Privat- und Regierungsflugzeuge, um alte Kontakte zu pflegen, neue zu gewinnen oder schlicht die Stimmung im Lande nach drei Jahren Abschottung zu erkunden. Hier eine – natürlich unvollständige – Übersicht über die Besucher der vergangenen Tage und Wochen:

Aus Deutschland kam Anfang Juni Jens Plötner nach Beijing. Plötner ist im Bundeskanzleramt für Außen- und Sicherheitspolitik zuständig und gilt neben Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt als der wichtigste außenpolitische Berater von Olaf Scholz. Plötner traf in Beijing die zwei wichtigsten Außenpolitiker Chinas: Außenminister Qin Gang und dessen Vorgänger Wang Yi, der jetzt Direktor des Büros der Kommission für auswärtige Angelegenheiten des Zentralkomitees der KP ist. Ein paar Tage später folgte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil. Er ist auch Leiter der parteiinternen Kommission Internationale Politik (KIP). Außerdem war er früher schon für die Beziehungen der Sozialdemokraten zur KP Chinas zuständig. In Beijing empfingen ihn Ministerpräsident Li Qiang und das einflussreiche Politbüro-Mitglied Wang Huning. Mit dabei war auf der Reise auch Anke Rehlinger, die saarländische Ministerpräsidentin. Warum Rehlinger? Sie ist, das war bislang wenig bekannt, die neue Asien-Beauftragte des SPD-Parteivorstands – eine Funktion, die es bislang meines Wissens nicht gab.

Auch aus den USA kamen nach Wochen der Funkstille endlich wieder einige Besucher. William Burns war bereits im Mai zu Gesprächen in Beijing. Burns ist Chef des CIA, und so war es nicht verwunderlich, dass er in geheimer Mission in China unterwegs war. Erst später kam durch einen Bericht der „Financial Times“ heraus, dass der Geheimdienstchef vor Ort weilte. Kein Geheimnis wurde dagegen um die Reise von Daniel Kritenbrink gemacht. Er ist im Außenministerium für Ostasien und den Pazifik zuständig. Er hielt sich just am 4. Juni (Stichwort: Tiananmen 1989!) in Beijing auf, was ihm in den USA heftige Kritik einbrachte. Kritenbrink sollte wohl den Besuch von Außenminister Tony Blinken vorbereiten, was ihm offenbar gelang: Am 18. Juni wird Blinken in China erwartet. Eigentlich wollte er schon im Februar nach Beijing reisen, aber dann entdeckten die Amerikaner einen chinesischen Ballon über ihrem Territorium, und Blinken fand deshalb einen Besuch nicht passend.  Noch viel intensiver als in der Politik war freilich die Reisetätigkeit von wichtigen Damen und Herren aus der Wirtschaft. Der große Star-Gast aus der Business-Welt war Elon Musk. 44 Stunden hielt er sich in China auf. Er wurde fast wie ein Staatsgast behandelt, traf Außenminister Qin Gang sowie zwei weitere Minister. Fast zeitgleich war der neue CEO der Café-Kette Starbucks, Laxman Narasimhan, in Shanghai und Nanjing. Er gab vor Ort ein klares Bekenntnis zum chinesischen Markt ab, wo Starbucks aktuell 6200 Filialen hat: „We have been here for 24 years. We want to be here for the next 25 and the next 100 years beyond that.” Auch die Finanzwelt machte ihre Aufwartung. Erst war JP Morgan-Chef Jamie Dimon vor Ort, dann kurze Zeit später die Chefin der Citibank Jane Fraser. Alle US-Bosse versicherten ihren chinesischen Gastgebern, dass sich ihre Unternehmen nicht von China abkoppeln wollen. Aus Deutschland ist derzeit Siemens-Chef Roland Busch in China. Er will neue Pläne für den chinesischen Markt ankündigen. Es ist bereits seine zweite China-Reise in diesem Jahr. In den ersten Juni-Tagen war bereits DIHK-Präsident Peter Adrian mehrere Tage mit einer Delegation in Beijing, Shenzhen und Hongkong. Aber auch in der Gegenrichtung ist ordentlich Verkehr – auch nach Deutschland: Am 20. Juni finden die Regierungskonsultationen in Berlin statt. Ministerpräsident Li Qiang wird schon am Sonntag, den 18. Juni, mit ein paar Ministern im Schlepptau anreisen. Am Montag wird er morgens Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier treffen, abends mit Olaf Scholz dinieren. Mittags ist ein Meeting mit Vorstandschefs deutscher Unternehmen geplant. Am Dienstag finden dann die offiziellen Regierungskonsultationen statt. Danach wird Li Qiang nach Paris weiterfliegen, um am von Emmanuel Macron initiierten „Summit for a new global finance pact“ teilzunehmen.

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