Ich werde nie mein erstes Abendessen in Kunming, der Hauptstadt von Yunnan, vergessen. Ich war in einem Hotel abgestiegen, dessen Manager ein Deutscher war. Irgendjemand an der Rezeption sagte ihm wohl, dass da ein Landsmann von ihm eingecheckt habe, was damals eher selten war. Jedenfalls nahm er Kontakt zu mir auf und empfahl mir nicht ganz uneigennützig, abends im Hotelrestaurant zu speisen. Er könne mir da ein paar Empfehlungen geben. Und das tat er dann auch. Es war ein Menü mit vielen Pilzen, die ich noch nie gesehen, geschweige je gegessen hatte. Seit jenem Abend weiß ich: Yunnan ist die Provinz mit den besten Pilzen des Landes und einer außergewöhnlichen Vielfalt dieser Spezies. Rund 900 Arten von wilden Pilzen soll es dort geben. Das hat mit der abwechslungsreichen Landschaft dieser Provinz im Südwesten Chinas zu tun. Hier gibt es tropische Regenwälder, aber auch alpine Gegenden. In diesen diversen Klimazonen gedeihen besonders gerne Pilze aller Art. Pilze sammeln hat deshalb Tradition in Yunnan. Gingen bisher aber nur Einheimische „in die Pilze“, wie es im Deutschen heißt, so entdeckten in diesem Sommer auch Touristen diese Leidenschaft. Zwischen Juni und September entstand in Yunnan, aber auch im benachbarten Sichuan, ein neuer touristischer Trend – Pilze sammeln. Wie so oft wirkten die sozialen Medien als Trendauslöser und -verstärker. Inzwischen werden Touren angeboten, Tour Guides schießen wie Pilze aus dem Boden. Li Yuetian, die einen Outdoor Club managt, ist eine von ihnen. Ihre Tour dauert fünf bis sechs Stunden und kostet 298 Yuan (38 Euro) pro Person. Maximal zehn Personen nimmt sie mit auf die Tour, die meist mit einem gemeinsamen Essen der gesammelten Pilze endet. Erfahrene Führer können über 100 000 Yuan (rund 12 700 Euro) im Monat verdienen, schreibt das Online-Magazin Sixth Tone. Doch nicht alle haben Ahnung und können genießbare von giftigen Pilzen unterscheiden. Die Behörde für Lebensmittelsicherheit in Yunnan hat deshalb bereits im Mai eine Warnung herausgegeben, sich seine Tour Guides sehr vorsichtig auszuwählen. Aber das ist fast so schwierig, wie essbare Pilze zu identifizieren.
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