Chinesen spielen gerne – auch um Geld. Man kann diese Leidenschaft in den Spielhöllen Macaos bewundern oder in jeder Straße jeder beliebigen Stadt, wo das traditionelle Brettspiel Mahjong gespielt wird. Doch inzwischen ist ein Spiel populär geworden, das bis vor kurzem nur wenige Chinesen kannten: Guandan. Wörtlich übersetzt heißt das Eier (dan, 蛋) werfen (guan, 掼). Innerhalb weniger Monate sollen rund 140 Millionen Chinesinnen und Chinesen süchtig nach diesem Spiel geworden sein. Und das kam so: Das bis dato nur regional bekannte Kartenspiel Guandan wurde bei der berühmten Neujahrsgala im Januar 2023 im staatlichen Sender CCTV zum erstenmal einem Millionen-Publikum vorgeführt. In den Monaten danach begannen immer mehr Chinesen Guandan zu spielen. Die sozialen Medien verstärkten mit Berichten und Videos den Trend. Am Ende des Jahres 2023 wählte das New Weekly Magazin Guandan zum Spiel des Jahres.
Entwickelt wurde das Spiel von ein paar Dorfbewohnern in Huai’an in der Provinz Jiangsu. Das war Ende der 60er Jahre, anfangs der 70er Jahre. So genau kann man das Entstehen nicht datieren. Guandan ist eine Mischung aus verschiedenen, bereits existierenden Kartenspielen. Gespielt wird es von vier Spielern, die sich idealerweise an einem Tisch gegenübersitzen. Jeweils zwei bilden ein Team. 108 Karten sind im Spiel, so dass jeder Spieler 27 Karten in der Hand hält. Es gewinnt der, der am Schluss alle Karten abgeworfen hat (daher rührt auch der etwas schräge Name). Die Regeln sind simpel. Man kann sie in wenigen Minuten lernen. Auch deshalb ist das Spiel so populär geworden. Ob jung oder alt, ob Bauer oder Beamter, ob Arbeiter oder Manager – alle spielen es. Interessant ist, dass es gerade in der Wirtschaftswelt sehr beliebt ist. Dort benutzen es Banker und Manager als Möglichkeit, guanxi – Beziehungen – aufzubauen. Denn – und das ist ein weiterer Vorteil dieses Kartenspiels – während des Spiels kann und darf geredet werden. In einem Artikel in der chinesischen Presse wird gar behauptet, dass Guandan das traditionsreiche Mahjong und das moderne Golfspiel als Ort der Beziehungsbildung abgelöst habe. Zhou Hongyi, Gründer des Online-Unternehmens Qihoo 360, outete sich als Guandan-Fan. Und Qi Shi, milliardenschwerer Chef des Börsendienstes East Money Information Corporation, ist sogar Präsident der Shanghai Guandan Sports Association. Landauf, landab bilden sich Organisationen und werden Wettbewerbe veranstaltet. Bei den fünften National Mind Sports Games in vergangenen Herbst in Anhui stand Guandan zum ersten Mal auf dem Programm – neben Bridge und Schach. Die chinesische Führung scheint nichts gegen das neue Spiel zu haben, denn bei Guandan wird nicht um Geld gespielt, so dass die Korruptionsbekämpfer nicht einschreiten müssen, wenn zum Beispiel Beamte mit Managern spielen.
Info:
Hier ein Bericht über die Popularität von Guandan:
https://www.theworldofchinese.com/2024/05/guandan-chinese-card-game-more-popular-than-mahjong/
Und hier ein Video über das Spiel: https://www.facebook.com/ChinaGlobalTVNetwork/videos/learn-more-about-guandan-a-four-player-card-game-thats-having-a-comeback-in-chin/673242687758474/