WIRTSCHAFT I Biden verhängt Strafzölle – folgt Europa?

Vor ein paar Wochen verkündete Donald Trump, dass er – sollte er wieder an die Macht kommen – Zölle auf chinesische Waren erheben werde. Von Zöllen über 60 Prozent, aber auch von 100 Prozent war die Rede. Nun ist ihm der amtierende Präsident Joe Biden zuvorgekommen. Am 14. Mai verhängte er auf diverse Produkte Strafzölle. Besonders betroffen sind Produkte der erneuerbaren Energie. So steigen die Zölle für chinesische Elektroautos von 25 auf 100 Prozent, für Solarpanels auf 50 Prozent und für Batterien auf 25 Prozent. Er will die heimische Industrie vor den sogenannten Billigimporten aus China schützen. Doch gerade bei den Elektroautos stellt sich die Frage, wen er da schützen will. Die US-Autobranche ist sicher kein Vorreiter in der Elektromobilität. Zudem ist die Gefahr der Überflutung – wie es immer so schön dramatisch heißt – durch chinesische E-Autos wirklich (noch) nicht erkennbar. Es ist eher ein Rinnsal. Gerade mal 12 400 Elektroautos made in China wurden im ersten Quartal 2024 in den USA verkauft. Die Strafzölle seien deshalb „reine Symbolpolitik“, sagt Klaus Larres, Professor für Internationale Beziehungen an der University of North Carolina. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung sagt er weiter: „Die Klimapolitik muss zurückstecken hinter dem Wohl der Arbeiter und dem Wohl Bidens in der Wahlkabine.“

 Biden bleibt mit seinen Strafzöllen in der Tradition der Trumpschen Handelspolitik. So hat er die Zollerhöhungen, die Trump in seiner Amtszeit gegenüber chinesischen Waren zum Teil drastisch erhöht hatte, nie zurückgenommen. Im Gegenteil: Er fügt jetzt neue hinzu. Wie Trump begründet er sie mit „unfairen Handelspraktiken“ der Chinesen. Damit gemeint sind vor allem staatliche Subventionen. Ob dies zutrifft, könnte man in Verfahren bei der Welthandelsorganisation WTO klären lassen, aber die ist handlungs- und urteilsunfähig, weil die USA die Schiedsgerichtsstellen seit Jahren nicht besetzen. Sie wollen lieber selbst Schiedsrichter sein, statt sich einem Spruch aus Genf zu unterwerfen.

Die große Frage nach der Verkündung der Strafzölle ist nun: Wie wird China reagieren? Zwar äußerte Finanzministerin Janet Yellen einen Tag vor der Bidenschen Verkündung den frommen Wunsch: „Hopefully we will not see a significant Chinese response – but that´s always a possibility.“ Der chinesische Außenamtssprecher Wang Wenbin sagte, China werde „alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um seine legitimen Rechte und Interessen zu schützen.“  Das ist sehr allgemein. China wird reagieren. Nur wie? Es darf spekuliert werden – und es wird in den USA spekuliert: Werden die US-Autohersteller Ford und General Motors in China „bestraft“? Werden die Sojaimporte aus den USA weiter reduziert? Kauft China statt bei Boeing noch mehr bei Airbus ein? Oder wird die Ausfuhr gewisser Rohstoffe – zum Beispiel seltener Erden – beschränkt?

In Europa stellt man sich andere Fragen: Wenn Chinas Exporte in die USA erschwert werden, weichen sie dann nach Europa aus? Müssen wir auch Strafzölle erheben? Und wenn, wie wird China auf diese reagieren? In Brüssel ist es kein Geheimnis, dass auch die EU-Kommission Strafzölle gegen chinesische Elektroautos verhängen wird. Bereits seit Herbst vergangenen Jahres sammeln die Beamten Beweise, um chinesischen Autobauern ungerechtfertigte Subventionen nachzuweisen. Vor allem Frankreich ist an Strafzöllen interessiert, denn seine Autobauer Renault und Stellantis haben E-Autos beim Einstiegssegment im Angebot und sind damit von der chinesischen Konkurrenz am stärksten betroffen. Die deutschen Autofirmen hingegen haben – außer Volkswagen – wenig im Angebot. Ihre Chefs warnen deshalb vor Strafzöllen und haben dabei die Unterstützung der deutschen Regierung. Aber sie wird nicht verhindern können, dass Strafzölle erhoben werden. Die Frage ist nur, wie hoch sie sein werden. Eine Größenordnung von 20 bis 30 Prozent wäre ein Kompromiss, mit dem auch die Chinesen leben könnten, auch wenn sie das offiziell natürlich nicht zugeben. Strafzölle in amerikanischer Größenordnung führten freilich zu Reaktionen der chinesischen Seite, die auch den deutschen Autobauern wehtäten.

Info:

Hier die Ankündigung Joe Bidens: https://www.whitehouse.gov/briefing-room/statements-releases/2024/05/14/fact-sheet-president-biden-takes-action-to-protect-american-workers-and-businesses-from-chinas-unfair-trade-practices/?utm_source=substack&utm_medium=email

Hier eine gute Übersicht der Handelsbeziehungen zwischen China und den USA: https://www.cfr.org/backgrounder/contentious-us-china-trade-relationship?utm_source=twtw&utm_medium=email&utm_campaign=TWTW2024May17&utm_term=TWTW%20and%20All%20Staff%20as%20of%207-9-20

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