Am Morgen des 7. Mai trat Deutschlands militärische Führung nahezu geschlossen in Wilhelmshaven an. Verteidigungsminister Boris Pistorius war da, ebenso die Inspekteure von Marine (Jan Christian Kaack) und Luftwaffe (Ingo Gerhartz). Es galt den Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ mit 200 Soldaten an Bord auf eine lange Reise zu verabschieden. Gleichzeitig machte sich im spanischen Rota die Fregatte „Baden-Württemberg“ auf die Reise über den Atlantik. Treffen sollen sich die beiden deutschen Marineschiffe dann im kanadischen Halifax. Von dort geht es gemeinsam in den Pazifik, wo sich die beiden Schiffe bis Ende des Jahres aufhalten werden. Im Pazifik wird auch die Luftwaffe zur deutschen Marine stoßen. Ihr Aufgebot ist beeindruckend: Acht Eurofighter, 12 Tornados, vier Transportflugzeuge A400M, diverse Hubschrauber. Marine und Luftwaffe beteiligen sich in den nächsten Monaten an Übungen in Alaska, Japan, Australien und rund um Hawaii am weltweit größten Manöver RIMPAC (Rim of the Pacific). Auf dem Rückflug nimmt die Luftwaffe in Indien noch an der Übung „Tarang Shakti“ teil. Aus Europa sind an den Aktivitäten im Indo-Pazifik auch Flugzeuge und Schiffe des französischen und spanischen Militärs beteiligt. Ingo Gerhartz: „Wir zeigen ein europäisches Gesicht im Indo-Pazifik.“
Die Aktivitäten des deutschen Militärs laufen unter dem Rubrum „Indo-Pacific Deployment 2024“, Das Deployment (deutsch: Einsatz) wird von Mai bis November dauern. Auf einer Veranstaltung am 20. März in der Landesvertretung Niedersachsen wurde das Konzept von Beamten und Militärs näher erläutert. Dabei wurden drei Schwerpunkte für den Einsatz genannt: erstens, vertiefte Kooperation der Bundeswehr mit regionalen Partnern; zweitens, Sicherung der See- und Handelswege; drittens, Deutschland als verlässlichen Partner präsentieren. Petra Sigmund, Leiterin Ostasien im AA und bald Botschafterin in Tokio, sagte auf der Veranstaltung: „Wenn wir auf unsere Partner weltweit zählen wollen, gerade auch auf die aus dem Indo-Pazifik, müssen wir auch in der Lage sein zu signalisieren, dass sie auf uns zählen können.“
Diese Signale sendete auch Sigmunds Chefin, Außenministerin Annalena Baerbock, die in der ersten Mai-Woche durch den pazifischen Raum düste: nach Australien, Neuseeland und Fidschi. In Auckland sagte sie, dass Europas Sicherheit künftig auch am anderen Ende der Welt verteidigt werde (Klingt nach Ex-Verteidigungsminister Peter Struck, der 2002 verkündete, dass Deutschlands Sicherheit am Hindukusch verteidigt werde). Zum ersten Mal seit 13 Jahren war damit wieder ein deutscher Außenminister in der Region. Im Januar war Baerbock bereits auf den Philippinen, die ja unter dem neuen Präsidenten Ferdinand Marcos Jr ins pro-amerikanische Lager gewechselt sind. Ministerin Baerbock und die Militärs berufen sich bei ihrem zunehmenden Engagement im Indo-Pazifik auf die „Leitlinien zum Indo-Pazifik“, die im September 2020 noch von der Vorgänger-Regierung verabschiedet wurden. Ein Jahr später folgte die EU mit ihrer „Strategie für die ´Zusammenarbeit im indo-pazifischen Raum“.
Der Grund, warum die deutsche Politik die Reiseintensität Richtung Pazifik erhöht und warum das deutsche Militär dort vermehrt Flagge zeigt, hat auch – obwohl dies nicht so deutlich gesagt wird – mit dem Erstarken Chinas zu tun. Der Westen will im Pazifik unter der Führung der USA eine Gegenmacht aufbauen.
Info:
Hier ein Bericht über die Auftaktveranstaltung zum Indo-Pacific-Deployment 2024:
Leitlinien zum Indo-Pazifik der Bundesregierung: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/asien/indo-pazifik-leitlinien/2380340
Und hier die relativ neue SWP-Studie „Deutschlands Wertepartnerschaften im Pazifik“: https://www.swp-berlin.org/10.18449/2024S02/