GESELLSCHAFT I Das Ende des Job-Hoppings

Die goldenen Zeiten sind noch gar nicht lange her. Vor wenigen Jahren war der chinesische Arbeitsmarkt für viele junge Menschen fast ein Paradies. Sie wechselten häufig den Arbeitgeber. Viele kündigten den Job, ohne einen neuen in Aussicht zu haben. Das war damals kein Problem. Die Nachfrage überstieg das Angebot. Deshalb gab es bei einem Wechsel oft eine satte Gehaltserhöhung. Manchmal konnte dabei eine Verdoppelung des Salärs erzielt werden. Über 60 Prozent der Berufsanfänger blieben nicht länger als ein Jahr bei ihrem ersten Arbeitgeber. Die Verweildauer im Job war bei der Post-1990-Generation relativ gering. 2018 titulierte die China Daily diese Generation als „job-hopping generation“. Doch diese Zeiten sind vorbei. Das zeigen neue Zahlen der Job-Plattform Zhaopin, über die das Magazin Sixth Tone berichtet. „Nur“ 45,4 Prozent der Befragten suchten einen neuen Job. Das ist für unsere Verhältnisse nach wie vor eine hohe Zahl, aber nicht für China. Vor vier Jahren betrug diese Zahl noch 63,2 Prozent. Junge Chinesen sind also weniger wechselbereit. Und die, die wechseln wollen, suchen eher Stabilität als höhere Löhne. So sind Bürokratenjobs oder auch Anstellungen bei Staatsunternehmen begehrt. Jeder vierte Wechselwillige sagt sogar, er sei bei einem Wechsel mit dem gleichen Gehalt oder sogar weniger zufrieden. Viele sind auch zu einem Umzug aus den immer teurer werdenden Megastädten Beijing, Shanghai, Guangzhou und Shenzhen bereit. Über 50 Prozent der Betroffenen können sich nach der Zhaopin-Umfrage vorstellen, in kleinere Städte zu ziehen. Beispiel Liu Zhenzhen (25). Sie arbeitete in Guangzhou bei einer internationalen Logistikfirma. Dann wechselte sie zu einer Fruchtverarbeitungsfirma in Xishuangbanna an der Grenze zu Myanmar. Dort verdiene sie zwar weniger, sagt sie, aber wegen der geringeren Lebenshaltungskosten könne sie trotzdem mehr sparen. 3-4000 Yuan (385 bis 515 Euro) seien das im Monat.

Aber für viele bleibt inzwischen ein Jobwechsel inzwischen unerreichbar. Diese jungen Leute machen sich keine Illusionen. 18,9 Prozent der Befragten sagten, es sei „very hard“ einen neuen Job zu finden, 29,4 Prozent nannten es immer noch „hard“. Das heißt: Für knapp 50 Prozent dieser Generation bleibt ein Jobwechsel mehr oder weniger ein Traum. Welchen Unterschied ein paar Jahre ausmachen!

Info:

Hier der Artikel “For China’s Workers, 2024 Is the Year of Staying Put” in Sixth Tone: https://www.sixthtone.com/news/1015050

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