POLITIK I China Development Forum – Das Treffen der Bosse

Das staatliche Diaoyutai Gästehaus liegt im Nordwesten Beijings. Aber was heißt hier Gästehaus? Es ist eine riesige schicke Parkanlage mit kleinen Seen, Brücken, einigen Villen und einem Hotel. In Villa 17 war am Sonntag und Montag dem 24. und 25. März besonders viel los. Viele Herren (und ganz wenige Damen) tauchten dort in dunklen Anzügen auf – Chinesen und Ausländer. Die Regierung hatte zum jährlichen China Development Forum geladen. Die Teilnehmer – allesamt aus der Wirtschaft – waren wie immer handverlesen. Nur Top-Level, nur CEOs. Dazu die Chefs der Weltbank und des IWF sowie ein paar renommierte Wissenschaftler aus den USA. Einen solchen exklusiven Kreis bringt nicht einmal Klaus Schwab in Davos auf die Beine (siehe Teilnehmerliste unter Info). Stargast war Apple-Chef Tim Cook, der schon Tage vorher angereist war, in Shanghai mal wieder einen neuen Store eröffnete und sich anschließend unters Volk mischte. Danach bekam er eine Privataudienz bei Ministerpräsident Li Qiang. Außerdem traf er Handelsminister Wang Wentao. Alles Zeichen, wie wichtig die Regierung vor allem die amerikanischen Gäste nahm.

Die Amerikaner stellten denn auch das größte Kontingent beim China Development Forum. Von den rund 100 geladenen CEOs stammten über 30 aus den USA. Aber auch Deutschland war prominent vertreten, zum Beispiel durch Ola Källenius (Mercedes-Benz), Stefan Hartung (Bosch) oder Roland Busch (Siemens). Dazu gesellten sich Wissenschaftler wie Graham Allison, Nicholas R. Lardy und Nouriel Roubini.

Sie alle saßen am Sonntagmorgen um 9 Uhr in der Villa 17, als Ministerpräsident Li Qiang mit seiner Key Note das Forum eröffnete. Darin versprach er die weitere wirtschaftliche Öffnung seines Landes. Das ist auch nötig, denn die ausländischen Direktinvestitionen (FDI, foreign direct investment) gehen zurück – 2023 um acht Prozent, in den ersten beiden Monaten 2024 gar um 20 Prozent. Insofern sollte das Forum aus Sicht der Gastgeber vor allem dazu dienen, das Vertrauen der Bosse (zurück-) zugewinnen. Ob das gelungen ist? Siemens-Chef Busch sprach gegenüber dem Handelsblatt von einer „Sehr guten Botschaft“, Ola Källenius hat Lis Rede als „sehr positiv wahrgenommen“. Aber – und das war der Tenor zwischen den Zeilen – nun müssten den Worten auch Taten folgen. So forderten Källenius, aber auch Bosch-Chef Hartung in ihren Reden in den anschließenden Kolloquien eine weitere Öffnung des Landes.

Die deutschen bzw. die europäischen Manager spielten aber nicht die Hauptrolle auf dem Forum. Diese blieb den US-Bossen vorbehalten. Um sie bemühten sich die chinesischen Gastgeber besonders. Am Mittwoch nach dem Forum wurde ein Dutzend von ihnen – darunter die Chefs von Blackstone, FedEx, Pfizer und Qualcomm – in den Ostflügel der Großen Halle des Volkes geladen, wo sie eineinhalb Stunden mit Xi Jinping sprechen durften. Durften. Xi widersprach dabei den gängigen Thesen im Westen, dass China seinen „Peak“ erreicht habe oder gar kollabieren werde. Diskutiert wurde in der Runde auch die berühmte Thukydides-Falle, deren Erfinder – der Harvard-Professor Graham Allison – mit am Tisch saß. Laut dem chinesischen Readout kam man zu dem überraschenden Ergebnis: „The Thucydides trap is not inevitable“.

Anschließend trabten die Herren (es waren keine Damen dabei) auf dem roten Teppich brav hinter Xi Jinping her. Ein Foto, das in den chinesischen Medien genüsslich zelebriert wurde, aber in den USA bei einigen Politikern sauer aufstieß. Ihnen war dieses Foto zu nahe an einem Kotau.

Aber es war ein Foto durchaus mit Symbolcharakter: Während die Politiker im Westen für mehr Distanz zu China plädieren, suchen die Wirtschaftsführer nach wie vor die Nähe. 

Info:

Die Liste der Teilnehmer am China Development Forum: https://en.cdf.org.cn/cdf2024en/chjb/11256.htm#content

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