POLITIK I Münchner Sicherheitskonferenz – Eine Nachlese

Die großen Themen auf der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz waren natürlich die beiden aktuellen Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten sowie die Äußerungen Donald Trumps über Europas Verteidigungs(un)fähigkeit. China spielte eher eine Rolle am Rande. Aber immerhin war Außenminister Wang Yi vor Ort. Er absolvierte am ersten Tag einen Marathon an bilateralen Gesprächen, ein Speed-Dating der Diplomatie. Er redete mit seinen Amtskollegen aus den USA, Frankreich, der Mongolei, Argentinien, Frankreich Kanada, Großbritannien und dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Mit dem britischen Außenminister David Cameron traf er zum ersten Mal in dessen neuer Funktion zusammen. Cameron schlug dabei relativ moderate Töne an: „I think that China has become more assertive, but that doesn´t mean you shouldn’t try to engage.”  

Am Samstagmorgen sprach Wang dann mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock. Von deutscher Seite wurde nichts mitgeteilt. Die chinesische war auskunftsfreudiger, auch wenn das Statement danach eher floskelhaft war: „There is no fundamental conflict of interest between China and Germany and their common interests are continiuosly strengthening and expanding.“ Im Gespräch mit Scholz wies Wang auf die Modernisierung des riesigen chinesischen Marktes hin, die Deutschland viele Chancen biete.

Interessant war an dem Morgen Wangs Gespräch mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba. Wang bezeichnete die Ukraine als einen strategischen Partner Chinas. Er betonte, dass China „will continue to play a constructive role in ending the war. Even if there is only a glimm of hope for peace, China will not give up its efforts.” Aber derzeit sieht Wang keinen Hoffnungsschimmer: “There are not ripe conditions in place for parties to go back to the negotiating table.”

Am späten Samstagmorgen hielt Wang dann seine Rede vor dem Plenum im Bayerischen Hof. Das war ein Privileg, denn er war der einzige Außenminister, der einen Solo-Auftritt bekam. Ein solcher ist sonst nur Präsidenten und Regierungschefs vorbehalten. Auf der Wand hinter ihm waren die wichtigsten Fragen eingeblendet: What is China‘s vision for a global order that works for everyone? How can the risk of escalation between China and its neighbours be lowered? How can escalating trade restrictions between the US and China be avoided? What can China contribute to a conflict reduction in Ukraine? Wang ging nicht auf alle diese Fragen ein. Er präsentierte China in einer turbulenten Welt als „a force for stability“. Kein böses Wort über die USA. Nach dem November-Gipfel von San Francisco sind die Beziehungen der beiden Großmächte etwas entspannter. Was Europa anbetrifft, forderte er, sich gegenseitig als Partner und nicht als Rivalen zu sehen. An die Adresse der Europäer gerichtet, warnte er: “Those who attempt to shut China out in the name of de-risking will make a historic mistake.”

Nach seiner Rede konnte Christoph Heusgen relativ kritische Fragen stellen, die Wang ziemlich ausführlich beantwortete. Auf die erste Frage, ob denn China nicht Druck auf Russland ausüben müsse, den Krieg in der Ukraine zu beenden, sagte Wang, dass zwischen China und Russland keine Allianz bestehe: „It is a normal relation between two big countries.“ In der zweiten Frage sprach Heusgen die Situation in Xinjiang an. Wang sprach von „so many fabricated informations“ über die Situation Xinjiang und spulte dann ein paar Zahlen herunter: Zum Beispiel sei die Lebenserwartung der Bevölkerung dort drastisch gestiegen, auf 530 Moslems kämen eine Moschee. Und am Schluss machte er den Vorschlag: „I really suggest to you visit Xinjiang.“ Am Ende des Gesprächs lud Heusgen Wang zur Sicherheitskonferenz im kommenden Jahr ein. Aber da wird der 71jährige Wang nicht mehr im Amt sein, denn er übt das Amt nur interimistisch aus. Er antwortete deshalb diplomatisch: „China wird sicherlich eine hochrangige Delegation nach München schicken.“

Info:

Rede von Außenminister Wang Yi mit anschließender Q&A-Session (startet nach 3:10:50): https://www.ardmediathek.de/video/br24live/scholz-selenskyj-and-wang-yi-at-the-msc/br-fernsehen/Y3JpZDovL2JyLmRlL3ZpZGVvLzFlNTE1NDFhLTFkNDgtNDU1Yy1iYTAxLWNhOTgwZjUzMGFkYg

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