WIRTSCHAFT I Der Westen steigt aus, die Golfstaaten ein

Der Westen meidet zunehmend Investitionen in China. Immer wieder hört man vor allem in den USA, aber auch zunehmend in Europa,China sei „uninvestable“ – aus politischen und wirtschaftlichen Gründen. Politisch, weil man das ungeliebte Regime nicht unterstützen will. Wirtschaftlich, weil China angeblich schwächelt (was bei 5 Prozent Wachstum etwas seltsam klingt). Der Druck der westlichen Regierungen auf ihre Unternehmen sowie Investmentfirmen wächst. So hat die Biden-Regierung amerikanische Venture-Capital-Gesellschaften und Private-Equity-Firmen angewiesen, sich bei Investments in gewissen Technologiebereichen zurückzuhalten. Außerdem ist sowohl in den USA als auch in der EU ein Investment-Screening in der Diskussion, wonach geplante Investitionen in China einer Prüfung unterzogen werden sollen.

Wird diese westliche Investitionszurückhaltung die Chinesen treffen? Nicht wirklich. Denn während der Westen seine Investitionen zurückschraubt, verstärken andere Länder und Regionen ihr Engagement. Allen voran der Nahe Osten. Speziell die Verbindung zwischen China und vor allem den Golfstaaten wird immer enger. Während der norwegische Staatsfond sein Shanghaier Büro 2023 schloss, sind alle namhaften schwerreichen Staatsfonds der Golfregion in China investiert und dort inzwischen auch mit Büros vertreten. Der saudische Public Investment Fund (PIF, verwaltetes Vermögen: 600 Milliarden Dollar) ist seit Februar 2022 in Hongkong permanent präsent. Gerade war PIF-Chef Yasir Al-Rumayyan dort und sagte, dass sie demnächst auch ein Büro in Mainland China eröffnen werden. Seine Begründung: „China is home to 26 percent of the world´s unicorns.” (Unicorns, also Einhörner, sind meist junge prosperierende Unternehmen mit einem Marktwert jenseits von einer Milliarde Dollar).  Aus Abu Dhabi sind die beiden größten Staatsfonds – die Abu Dhabi Investment Authority (ADIA, rund 700 Milliarden Dollar) und die Mubadala Investment Company (276 Milliarden Dollar) – mit Büros in Beijing respektive Hongkong vertreten. Noch keine Dependancen vor Ort haben die Qatar Investment Authority (QIA, 475 Milliarden) und die Kuwait Investment Authority (KIA, 800 Milliarden Dollar), die aber auch ohne Präsenz sehr aktiv in China sind und dort in Unternehmen investieren.

Jahr für Jahr steigern die Staatsfonds aus dem Nahen Osten ihre Investitionen in chinesische Unternehmen. Sie stecken ihr Geld in Zukunftsbranchen wie Elektromobilität (gerade ist Abu Dhabi bei Nio eingestiegen), Biotech oder Digitalisierung. Bei der 10. Arab-China Business Conference im saudischen Riad sagte kürzlich Nicolas Aguzin, der Chef der Hongkonger Börse, dass diese Fonds um 2030 zwischen zehn und 20 Prozent ihrer Investitionen in China anlegen werden. Das wären unvorstellbare zwei bis drei Trillionen Dollar. Doch auch im Handel werden die Beziehungen zwischen China und dem Nahen Osten immer enger. Die Golfstaaten liefern Öl und Gas, die Chinesen Konsum- und Verbrauchsgüter aller Art. Im November exportierte China zum ersten Mal mehr Waren in die muslimische Welt (42 Milliarden $) als in die USA (38 Milliarden $). Außerdem gibt es zwischen China sowie Saudi-Arabien und den VAE jeweils ein Swap-Abkommen.

Die wirtschaftliche Annäherung wird politisch flankiert. Sowohl die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) als auch Saudi-Arabien und der Oman haben Abkommen über eine strategische Partnerschaft mit China. Im Dezember 2022 reiste Xi Jinping zum ersten Gipfel Chinas mit dem Gulf Cooperation Council (GCC) nach Riad. Außerdem stehen die VAE und Saudi-Arabien kurz vor der Aufnahme in die Gruppe der BRICS-Staaten.

Info:

Der Policy Report 72 der Konrad Adenauer Stiftung befasst sich mit „China´s Economic Ties to the Gulf“:

https://www.kas.de/documents/286298/25699868/Policy+Report+72+China%27s+Economic+Ties+to+the+Gulf.pdf/6417330e-c759-afdf-e520-2d843b56f50d?version=1.0&t=1691000071928

Interessant ist der Beitrag „What European governments can learn from China-Gulf cooperation“ von Alicja Bachulska und Cinzia Bianco (ECFR): https://ecfr.eu/article/an-open-relationship-what-european-governments-can-learn-from-china-gulf-cooperation/

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