Es war ein gewaltiges Spektakel, das Mitte Juni in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad veranstaltet wurde. Über 3500 Teilnehmer nahmen an der 10. Arab-China Business Conference teil, darunter allein 1200 Manager und Politiker aus China. Schwarze Limousinen der Marke „Rote Fahne“ pendelten zwischen dem Flughafen und dem Kongresszentrum. Sie waren sichtbarer Beweis, wer hier dominiert: China. Zwei Dutzend Verträge wurden zwischen China und arabischen Staaten unterschrieben. Der wichtigste war der über den Bau einer Fabrik für E-Autos in Saudi-Arabien. Insbesondere zwischen Saudi-Arabien und China werden die wirtschaftlichen Beziehungen immer enger. Der Wüstenstaat ist Chinas größter Öllieferant und hat im Dezember akzeptiert, dass China das Öl in Yuan bezahlen darf. China wiederum hilft beim Ausbau der saudischen Infrastruktur. Legendär hierfür ist die 18 Kilometer lange Metro-Linie in Mekka. Saudi-Arabien investiert über seinen Staatsfonds PIF (Public Investment Fund) in chinesische Unternehmen. An Alibaba, BeiGene, NIO und Pinduoduo ist PIF, der kürzlich in Hongkong ein Büro eröffnete, schon beteiligt.
Neben Saudi-Arabien sind die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) der zweite wichtige wirtschaftliche Partner im Nahen Osten. Viele chinesische Firmen haben dort Niederlassungen eröffnet. Zwischen 2019 und 2022 haben dort 400 000 Chinesen eine permanente Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Viele Chinesen fliegen mit Emirates oder Etihad als Touristen ein und betätigen sich als zügellose Luxusshopper.
Wie stark der wirtschaftliche Einfluss Chinas in der Nahost-Region inzwischen ist, verdeutlichen folgende Zahlen: Zwischen 2000 und 2021 stieg der Handel zwischen China und der Region von 15,2 auf 284,3 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Der Handel zwischen den USA und der Region nahm im selben Zeitraum lediglich von 63,4 auf 98,4 Milliarden Dollar zu.
Angesichts dieser Zahlen verwundert nicht, wenn der politische Analyst Marwan Bishara in Al Jazeera über seinen Kommentar titelt: „Goodbye America, hello China?“ Vergangenen Juli sagte Joe Biden noch bei seinem Besuch in Saudi-Arabien: „The United States will not walk away and leave a vacuum to be filled by China, Russia or Iran.” Aber genau das passiert derzeit. Amerikas Einfluss schwindet, der chinesische nimmt zu.
Das zeigt sich auch politisch. Beweis ist der im Frühjahr verkündete überraschende Deal zwischen den verfeindeten Mächten Iran und Saudi-Arabien. Durch Vermittlung Chinas haben beide Länder wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen. Beflügelt durch diesen Erfolg, den die USA zähneknirschend zur Kenntnis nahmen, wagt sich China nun an einen seit Jahrzehnten ungelösten Konflikt, nämlich den zwischen Israel und Palästina. Soeben war Palästinas Präsident Mahmud Abbas zu einem viertägigen Besuch in Beijing, bei dem Xi Jinping erklärte, dass China eine positive Rolle bei der Lösung des Konflikts spielen wolle. Im Juli wird Israels Premier Benjamin Nethanjahu nach Beijing reisen. „The visit is intended, among other reasons, to signal to Washington that Netanyahu has other diplomatic opportunities to pursue”, zitiert “The Times of Israel” einen israelischen Diplomaten. Aber man sollte von diesem Besuch nicht zu viel erwarten, denn – so der israelische China-Experte Tuvia Gering in „The South China Morning Post“: „Israel don´t actually consider China to be balanced or a serious mediator.“
Info:
Hier der Kommentar von Marwan Bishara in Al Jazeera: https://www.aljazeera.com/opinions/2023/6/6/the-middle-east-goodbye-america-hello-china
Zum schwindenden Einfluss Amerikas im Nahen Osten ist im April folgendes Buch erschienen: Steven Simon: Grand Delusion – The Rise and Fall of American Ambition in the Middle East, 496 Seiten, Penguin Random House, 32 $.