OLD CHINA HAND I Stefan Geiger, Geschäftsführer des Chinaforum Bayern

China Hands wurden im 19. Jahrhundert die wenigen Ausländer genannt, die sich in China auskannten, dessen Sprache und Kultur verstanden- oder zumindest so taten. Später wurden daraus Old China Hands, Leute mit 20 oder von mehr Jahren Erfahrung im Reich der Mitte. Es gibt aber auch zunehmend junge Leute, die sich intensiv mit China beschäftigen, die aber oft nicht zu Wort kommen. Deshalb werde ich neben Old China Hands auch Young China Hands vorstellen – auch wenn Letzteres per definitionem ein Widerspruch ist. Heute wird eine Old China Hand vorgestellt: Stefan Geiger (52).

Am 4. Juli wird Stefan Geiger wieder in seine bayerische Lederhose steigen und Richtung Theresienwiese marschieren. Nein, er ist kein verfrühter Oktoberfestgänger. Geiger wird in der Alten Kongresshalle eine Veranstaltung moderieren: den Bayerisch-Chinesischen Sommerdialog. Früher hieß diese Veranstaltung Bayerisch-Chinesisches Frühlingsfest und fand tatsächlich im Frühjahr statt, doch Corona hat den Terminplan durcheinandergebracht. Jetzt feiert man im Sommer bei bayerischen Schmankerln vorweg und anschließendem chinesischen Buffet. Früher war mehr Show, jetzt ist mehr Reden und Networking angesagt. Aber trotz verändertem Auftritt und Turnus gilt: Dieses Event ist DER Treffpunkt der deutsch-chinesischen Community – nicht nur aus Bayern. Veranstalter ist wie immer das Chinaforum Bayern, ein Verein, den es seit fast 20 Jahren gibt. Und fast von Anfang an dabei ist Stefan Geiger als dessen Geschäftsführer. Er hat das Chinaforum Bayern entscheidend geprägt. Dabei ist er gar kein Bayer, sondern ein Alemanne. Aufgewachsen in Triberg im tiefen Schwarzwald. Dort machte er sein Abitur. Was er danach studieren wollte, wusste er nicht. Aber er hatte einen Tennisfreund, dessen Freundin im fernen Freiburg noch fernere Sprachen studierte – Japanologie und Sinologie. „Ich fand das spannend und dachte mir, vielleicht ist das was für mich.“  Er traf sich mit ihr, und sie sagte ihm, sie würde aber nicht mehr beides studieren. Er hörte auf sie und stand damit vor der Wahl: Japanologie oder Sinologie. Auf einer Party, auf der Geiger sein Problem schilderte, wurde die Frage per Münzwurf entschieden: Chinesisch. Geiger fing 1993 in Heidelberg mit dem Propädeutikum vor dem eigentlichen Sinologie-Studium an. „Ich habe Tag und Nacht gelernt“, sagt Geiger. Weil dann aber für das Sinologie-Studium das Latinum (!) verlangt wurde, und weil seinem Vater nicht ganz wohl war bei der Studienwahl seines Sohnes (Sinologie war damals als Orchideenfach verschrien), wechselte er an die Uni Köln, wo er Sinologie mit Volkswirtschaftslehre kombinieren konnte und mit dem Diplom für Regionalwissenschaften China abschloss. In seine Studienzeit fiel auch seine erste Chinareise – 1995 für ein Jahr nach Nanjing. „Das war ein prägendes Jahr“, sagt er heute, „es war unheimlich faszinierend.“ Es war – wenn man es prosaisch ausdrücken will – der Beginn einer Liebe zu Land und Leuten, die bis heute angehalten hat. Nach dem Studium arbeitete er zunächst drei Jahre lang beim Chinesischen Zentrum Hannover, ehe er 2004 beim Chinaforum Bayern anfing. Das war damals gerade von diversen Wirtschaftsleuten gegründet worden als süddeutsches Gegenstück zum OAV im Norden und dem DCW im Westen. Die erste Geschäftsführerin Andrea Seltmann wechselte zu Audi, Stefan Geiger übernahm. „Der Anfang war sehr, sehr steinig“, sagt Geiger. Es war eine stetige  Suche nach Sponsoren und Fördergeldern. Heute ist der Verein mit rund 200 Mitgliedern – darunter Audi und der FC Bayern München – etabliert. Die Veranstaltungsformate – von Frühstück über Workshops – werden angenommen. Der Verein kann sich drei Vollzeitkräfte leisten. Trotzdem: Es bleibt eine permanente Suche nach Geldquellen. Geiger – übrigens ein großer Leichtathletik-Fan – ist in dieser Disziplin aber inzwischen geübt und immer wieder erfolgreich. Fast 20 Jahre macht er das nun. Oft werde er gefragt, was willst Du als nächstes machen? Wo willst Du in zehn Jahren sein? Geiger aber denkt nicht in Karrriereschritten, sondern eher in den Kategorien Spaß und Freude im Job: „Ich kann mir vorstellen, auch noch in zehn Jahren beim Chinaforum Bayern zu sein.“

Info:

Hier geht es zur Homepage des Chinaforum Bayern: https://www.chinaforumbayern.de/ Und hier gibt es noch mehr Informationen über den Chinesisch-Bayerischen Sommerdialog: https://www.chinaforumbayern.de/veranstaltung/bcsd2023/

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