POLITIK I Der neue US-Sonderausschuss: Kampfansage an China

Ein Thema eint die beiden zerstrittenen US-Parteien der Demokraten und Republikaner: China. Oder – um genauer zu sein – die böse KP Chinas. Sichtbarer Ausdruck dieser Gemeinsamkeit ist im Congress die kürzlich erfolgte Etablierung des „Select Committee on the Strategic Competition Between the United States and the Chinese Communist Party“. Der Ausschuss wurde am 10. Januar mit großer Mehrheit (365 gegen 65 Stimmen) geschaffen. Er hat 24 Mitglieder: 13 Republikaner, 11 Demokraten. Das Committee – so steht es auf dessen Homepage – “is committed to working on a bipartisan basis to build consensus on the threat posed by the Chinese Communist Party and develop a plan of action to defend the American people, our economy, and our values”. Bemerkenswert ist: Der Gegner ist die KP Chinas, nicht das chinesische Volk. 

Vorsitzender dieses Sonderausschusses ist Mike Gallagher, ein Republikaner aus Wisconsin. Gallagher, der in Princeton und an der Georgetown University studiert hat, ist ein ehemaliger Marine-Soldat, der zweimal im Irak gekämpft hat. Gerade war er in Taiwan und kam mit der Botschaft zurück: “The invasion has already begun in the cognitive space.”

Am 28. Februar veranstaltete das Committee sein erstes Hearing. Titel: „The Chinese Communist Party´s Threat to America.” Gleich zu Beginn benutzte der Vorsitzende Mike Gallagher markige Worte für die Beschreibung des aktuellen Verhältnisses zwischen China und den USA: „We may call this a strategic competition but this is not a polite tennis match. This is an existential struggle over what life will look like in the 21st century — and the most fundamental freedoms are at stake.“ Der KP Chinas unterstellt er düstere Weltmachtambitionen: “The CCP is laser-focused on its vision for the future–a world crowded with techno-totalitarian surveillance states where human rights are subordinate to the whims of the Party.” Dem müsse man gegenhalten und zwar schnell: “We must act with a sense of urgency. Our policy over the next ten years will set the stage for the next hundred. We cannot allow the CCP’s tech-powered dystopia to prevail.”

Als Zeugen zum Hearing waren geladen: Matthew Pottinger, Herbert Raymond (H. R.) McMaster, Tong Yi und Scott Paul, alles einschlägig bekannte China-Basher. Pottinger war unter Trump stellvertretender Sicherheitsberater, der – nebenbei bemerkt – zusammen mit Gallagher im Irak gekämpft hat. Auch H. R. McMaster diente unter Trump, er war etwas mehr als ein Jahr dessen Sicherheitsberater. Tong Yi ist eine Menschenrechtlerin, und Scott Paul ist Präsident der Allliance for American Manufacturing, die möglichst viele Arbeitsplätze aus China zurückholen will. In ihren Testimonials sagten sie, was die Abgeordneten hören wollten. Und die Abgeordneten fragten sie suggestiv, um die gewünschten Antworten zu bekommen. Das Schlusswort hatte der Vorsitzende Mike Gallagher: “We are the good guys. That even on our worst day, the rest of the world is still looking to us for leadership.” Sorry, aber das muss jetzt kommentiert werden, und zwar so: Welche Hybris! Welche Arroganz!

Mäßigende oder relativierende Stimmen konnten sich nur außerhalb des Sitzungssaals artikulieren. Zum Beispiel die von Jude Blanchette (CSIS), alles andere als ein Chinafreund oder – wie es im Amerikanischen heißt – Pandahugger. Blanchette verfolgte das Hearing im Fernsehen und sagte später im Sinica-Podcast: „What I saw was just an absolute and total embarrassment (Peinlichkeit), where within about five minutes, I think I just looked at my wife, and we just both put our heads into our hands.“ Und Blanchette fährt fort: “If we continue to follow the playbook outlined at that committee, it will lead to, I think, tragedy and devastation and extraordinary amounts of waste.” Auch der bekannte Kommentator Fareed Zakira hörte sich das Hearing an und fühlte sich dabei in die 50er Jahre des beginnenden Kalten Krieges zurückversetzt. In der Washington Post fragt er: “Are we moving down a path that takes us toward decades of arms races, crises, perhaps even war?”

Ebenfalls in der Washington Post (6. März) benutzte Kolumnist und Sicherheitsexperte Max Boot noch deutlichere Worte: „While the hearing was bipartisan, it was also disturbing one-sided.“ Er kritisiert überparteilichen Alarmismus und Hysterie und warnt: „That could lead the United States into a needless nuclear war.“

Info:

Hier die Homepage des Committee: https://selectcommitteeontheccp.house.gov/

Und hier das Hearing vom 28. Februar in volle Länge von über drei Stunden: https://www.youtube.com/watch?v=gIbV7FIYwQA

Den Sinica-Podcast mit Jude Blanchette kann man hier hören: https://podcasts.apple.com/us/podcast/jude-blanchette-on-the-select-committee-and/id1121407665?i=1000603487203

Die „Washington-Post“-Kolumne von Max Boot gibt es hier: https://www.washingtonpost.com/opinions/2023/03/06/republican-democrat-china-consensus-hysteria/

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