POLITIK I Wie China den Einsatz erneuerbarer Energien forciert

Alle Welt redet und schreibt darüber, wie China die Welt mit Solarpanels, Windrädern und E-Autos flutet. In dieser Flut von Meldungen geht unter, wieviel China im eigenen Land tut. Nämlich sehr viel. Kein Land dieser Erde hat mehr Solaranlagen und Windräder im Einsatz als China, in keinem Land fahren mehr E-Autos auf den Straßen als in China. Wer also für die Bekämpfung des Klimawandels ist (und wer ist das nicht außer ein paar durchgeknallten Klimaleugnern) sollte diese Entwicklung begrüßen – oder zumindest zur Kenntnis nehmen. Diese positiven Nachrichten sind übrigens keine staatliche Propaganda, sondern sie wurden durch (westliche) Umweltorganisationen in den vergangenen Tagen verkündet. Drei Veröffentlichungen bestätigen diesen offenbar unaufhaltsamen Trend:

  • Im Juli-Briefing des Global Energy Monitor (GEM) heißt es: „China continues to lead the world in wind and solar, with twice as much capacity under construction as the rest of the world combined.” Der Satz ist so gewaltig, dass ich ihn nochmals auf Deutsch wiederhole: In China sind mehr Solar- und Windkraftanlagen im Bau als im Rest der Welt zusammen. In Zahlen: In China sind derzeit Anlagen mit einer Kapazität von 339 Gigawatt (GW) im Bau (180 GW Sonne und 159 GW Wind). In den USA sind es lediglich 40 GW, Deutschland taucht im Ranking des GEM gar nicht auf. Nach den Berechnungen des GEM wird China Ende dieses Jahres „easily reach 1200 GW of installed wind and solar capacity“. Dieses Ziel war erst für 2030 vorgesehen, wird also sechs Jahre früher erreicht.
  • Dass diese Ziele viel früher erreicht werden, bestätigt im Carbon Brief vom 11. Juli Autor Lauri Myllyvirta. Er schreibt: „If current rapid wind and solar deployment continues, then China’s CO2 output is likely to continue falling, making 2023 the peak year for the country’s emissions.” Der Peak bei den CO2-Emissionen war ebenfalls erst für 2030 prognostiziert worden. Im Carbon Brief des Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) nennt Myllyvirta auch die neuesten (Mai-)Zahlen für die Stromerzeugung: 44 Prozent des Stroms kommt bereits aus „clean energy“ (was nach chinesischer Definition auch Kernkraft inkludiert). Noch dominiert allerdings die Kohle mit einem Anteil von 53 Prozent. Aber vor einem Jahr hätte deren Anteil noch bei 60 Prozent gelegen.
  • Den Wendepunkt beim Einsatz von Kohle sieht eine weitere Publikation des Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) erreicht. Es stellte am 11. Juli eine Studie vor mit dem etwas länglichen Titel „Turning point: China permitted no new coal-based steel projects in H1 2024 as policies drive decarbonisation.”Die beiden Autoren Xinyi Shen und Belinda Schäpe sind optimistisch, dass der Trend anhält: “There is great potential to shift away from coal-based production, representing a significant opportunity for emissions reduction in the next 10 years. “

Zu diesen umweltfreundlichen Trends in der Energieerzeugung passen die aktuellen Zahlen über den Verkauf von Elektroautos in China. Im Juni betrug bei den Zulassungen der Anteil von NEVs (New Energy Vehicles) 48,4 Prozent, also fast jedes zweite Auto ist inzwischen ein Elektroauto. Das ist der Stand heute. Wie es weitergehen könnte, haben die Berater von Alix Partners hochgerechnet. In ihrem jährlichen „Global Automotive Outlook“ prophezeien sie durch den Aufstieg Chinas bei den NEVs eine Revolution in der Autoindustrie: „By 2030, Chinese brands will be a dominant force around the world, selling 9 million units outside China.“ Die Hälfte aller weltweit verkauften E-Autos wird danach in sechs Jahren aus chinesischer Produktion stammen. Mark Wakefield (Alix) sagt: „China is the industry´s new disruptor.” Die chinesischen Autobauer würden zunehmend die Standards in einer Industrie setzen, die historisch vom Westen, von Japan und Südkorea dominiert gewesen sei. Auf die Autofirmen dieser Länder kämen schwere Zeiten zu.

Chinas Aufstieg zu einer Weltmacht bei E-Autos und erneuerbaren Energien ist zwar gut für das globale Klima, aber nicht für die westlichen Hersteller von Solarpanels, Windrädern und E-Autos, die von der schnelleren und effizienteren chinesischen Konkurrenz zunehmend abgehängt werden.

Info:

Hier die Juli-Ausgabe des Global Energy Monitor: https://globalenergymonitor.org/report/china-continues-to-lead-the-world-in-wind-and-solar-with-twice-as-much-capacity-under-construction-as-the-rest-of-the-world-combined/

Hier der CarbonBrief: https://www.carbonbrief.org/analysis-chinas-clean-energy-pushes-coal-to-record-low-53-share-of-power-in-may-2024/

Und hier die Studie des CREA: https://energyandcleanair.org/publication/turning-point-china-permitted-no-new-coal-based-steel-projects-in-h1-2024-as-policies-drive-decarbonisation/

Eine Zusammenfassung des Global Automotive Outlook von Alix Partners kann man hier herunterladen: https://www.alixpartners.com/newsroom/2024-alixpartners-global-automotive-outlook/

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