WIRTSCHAFT I Umkämpfter E-Commerce-Markt

Der chinesische E-Commerce-Markt ist mit einem Volumen von etwas mehr als zwei Billionen Dollar der größte der Welt, aber auch der umkämpfteste. Es herrscht ein Kommen und Gehen. Allein im vergangenen Jahr schlossen 89 Online-Einkaufs-Portale ihre Pforten, meldete soeben ein Report von Linkshop.com. Darunter waren nicht nur Newcomer, sondern auch 28 Portale, die bereits länger als fünf Jahre am Markt waren. Ältestes und prominentestes Opfer war Eachnet.com, ein Auktionsportal für Konsumgüter, das vor 23 Jahren gegründet wurde. Auch mia.com, ein Online-Shop für Baby&Mom-Artikel, musste dichtmachen. „This reflects the increasingly brutal competition“, schreibt “The South China Morning Post”, die übrigens dem Alibaba-Gründer Jack Ma gehört.

Dieser Jack Ma hat Ende der 90er Jahre den chinesischen E-Commerce-Markt kreiert und genoss lange Zeit den – wie es in der Fachsprache heißt – First-Mover-Vorteil. Über viele Jahre hinweg war Alibaba die unangefochtene Nummer Eins. Mit seinen beiden Portalen Taobao und Tmall beherrschte Alibaba den chinesischen Markt, hatte zeitweise einen Marktanteil von über 80 Prozent, verdiente verdammt viel Geld, das das Alibaba-Mangement in viele andere Online-Aktivitäten steckte – von Reisen über Essenslieferdienste bis zu Bezahlsystemen (Alipay!).  Heute ist Alibaba neben Tencent, das durch Online-Spiele groß geworden ist, der beherrschende Internetkonzern.

Natürlich hatte Alibaba im E-Commerce-Bereich Nachahmer. Viele scheiterten aber. Erster ernstzunehmender Konkurrent war JD.com. Einst von Richard Liu gegründet, kam JD.com 2010 mit einem Online-Shopping-Portal auf den Markt. JD.com machte einiges anders als Alibaba, vor allem in der Logistik. JD.com baute eigene Lagerhäuser und leistete sich eigene Lieferwagen und Kuriere. Dadurch konnte JD.com schneller liefern als Alibaba und den Abstand zum Marktführer Jahr für Jahr verringern. Aus dem Monopol Alibabas ist inzwischen ein Duopol Alibaba-JD.com geworden. Doch auch dieses wurde attackiert, und zwar von Pinduoduo. Das Unternehmen wurde 2015 von Colin Huang gegründet. Die Geschäftsidee ähnelt dem amerikanischen Vorbild Groupon: Es schließen sich mehrere User zusammen, um so einen günstigeren Preis für ein Produkt zu erzielen. Im Unterschied zu den großen Rivalen Alibaba und JD.com ist Pinduoduo sehr populär bei preissensiblen Kunden, vor allem in kleineren Städten abseits der Metropolen. Inzwischen macht Pinduoduo – pin heißt zusammen, duo mehr – mehr Umsatz als JD.com. Aber nun droht auch diesem marktbeherrschenden Trio Konkurrenz und zwar von Seiten der Videoportale, allen voran Douyin. Das chinesische Pendant zu TikTok (beide Marken gehören dem chinesischen Konzern ByteDance) startete mit einer „Douyin Mall“ und soeben auch in den drei Städten Beijing, Shanghai und Chengdu mit einem „Douyin Supermarket“. Die chinesischen Behörden dürften sich über so viel Wettbewerb freuen, war ihnen doch in den vergangenen Jahren das mono- oder duopolistische Gebaren der Internetkonzerne zunehmend ein Dorn im Auge.

Info:

Ashley Dudarenok hat soeben ihren jährlichen umfangreichen Report über Chinas Digitalwirtschaft veröffentlicht. Ihn kann man hier kostenfrei ordern:  https://chozan.co/china-e-commerce-marketing-and-digital-space-2023/

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