Am 7. Oktober verkündete das amerikanische Handelsministerium “New Export Controls on Advanced Computing and Semiconductor
Manufacturing Items to the People’s Republic of China (PRC)”. Damit wurde amerikanischen Firmen untersagt Chips und Maschinen, die diese herstellen können, nach China zu exportieren. Die USA wollen damit verhindern, dass China technologisch und militärisch weiter aufrüstet. Dieses amerikanische Exportverbot trifft China hart, denn bei Chips und vor allem den Maschinen ist das Land auf Importe angewiesen.
Die Antwort Chinas ließ etwas länger auf sich warten. Das Handelsministerium (Mofcom) und das Ministerium für Industrie und Informationstechnik (MIIT) teilen gegen Jahresende mit, dass der Export von Solarwafer, die existentiell für die Produktion von Solarzellen sind, künftig nicht verboten, aber zumindest überwacht werden soll. Das ist für die Länder, die auf erneuerbare Energie setzen, ein schwerer Schlag, denn China hat nahezu ein Monopol auf diese Wafer.
Der Handels- und Technokrieg zwischen China und den USA (samt dem Westen) eskaliert. Und dabei wird eine Waffe wiederentdeckt, die aus dem Arsenal des ersten kalten Krieges stammt. Die Exportkontrolle. Ältere Semester unter den Lesern werden sich noch an die berühmte Cocom-Liste erinnern, die in den 70er und 80er Jahren immer mal wieder in die Schlagzeilen geriet. Cocom stand für Coordinating Committee for Multilateral Export Controls. Mitglieder waren die Nato-Staaten und Japan. Vertreter dieser Länder trafen sich hinter verschlossenen Türen in Paris, wo Cocom ein Büro hatte, um zu entscheiden, welche Produkte nicht in die UdSSR und deren Satellitenstaaten geliefert werden durften. Diese Cocom-Liste war unter den Teilnehmern häufig umstritten. Die USA plädierten häufig für eine längere Liste, die anderen – vor allem auch Deutschland – eher für eine kürzere. Als der Kalte Krieg beendet war, kam auch für Cocom 1994 das Aus. Es gab zwar mit dem Wassenaar-Abkommen später eine Nachfolge-Organisation, aber die blieb wegen der Heterogenität seiner Mitglieder (auch Russland ist dabei) und dem Einstimmigkeits-Prinzip weitgehend zahnlos.
Aber es mehren sich die Stimmen diesseits und jenseits des Atlantiks, die wieder ein gemeinsames Vorgehen bei Exportkontrollen fordern. Chad P. Brown (Peterson Institute for International Economics, Washington) schrieb dazu gerade einen Artikel in „Foreign Affairs“ (Online) mit dem Titel „The Return of Export Controls – A Risky Tactic That Requires Cooperation From Allies”. Darin fordert er: “In order to be effective, Washington and its allies must agree to harmonize and enforce export controls.” Die Diskussion wird in Europa aufgegriffen. Tobias Gehrke und Julian Ringhof (beide beim European Council on Foreign Relations/ECFR) veröffentlichten am 11. Januar das Papier: “Caught in the crossfire: Why EU states should discuss strategic export controls”. Sie konstatieren, dass “export controls are set to become one of Washington´s main geoeconomic tools for strategic decoupling from China.” Dies zwinge auch die EU zum Handeln: “EU member states need to urgently put export controls on their geopolitical and geo-economic agendas.”
Es ist also zu erwarten, dass auch die EU wieder stärker zum Mittel der Exportkontrollen gegenüber China greifen wird und mit den USA (und auch asiatischen Partnern wie Japan) in dieser Frage kooperieren wird. Allerdings birgt ein solches Vorgehen große Gefahren. China wird sicher mit Vergeltung reagieren und hat dabei ein großes Pfand in der Hand: Es hat die Rohstoffe, die gerade Deutschland braucht, um seine Energiewende zu vollziehen.
Info:
Hier kann man den Artikel von Chad P., Brown in „Foreign Affairs“ lesen: https://www.foreignaffairs.com/united-states/return-export-controls
Und hier den Diskussionsbeitrag von Tobias Gehrke und Julian Ringhof (ECFR): https://ecfr.eu/article/caught-in-the-crossfire-why-eu-states-should-discuss-strategic-export-controls/