In Deutschland gibt es an vielen Universitäten, aber auch an einigen Fachhochschulen die Möglichkeit Sinologie oder sogenannte Kombi-Studiengänge – meist mit Wirtschaft – zu studieren. Die Unis haben dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Manche lehren vorwiegend das moderne China, manche eher das alte China, die meisten beides. In dieser Serie werde ich die sinologischen Abteilungen an den deutschsprachigen Universitäten und ihre Geschichte, ihre Schwerpunkte und ihre Lehrenden vorstellen. Heute ist die TU Dresden mit seinem Ostasienzentrum (OAZ) dran. Dieses ist nicht mit einer sinologischen Fakultät vergleichbar, da es kein Vollstudium anbietet, sondern „nur“ ein Begleitstudium. Weil aber auch dort Studierenden Sprache und Wissen über China vermittelt wird, haben wir die China-Zentren in diese Reihe aufgenommen. Weitere werden folgen.
Geschichte: Die TU Dresden hat eine lange Geschichte. Gestartet ist sie 1828 als Technische Bildungsanstalt. 1851 wurde diese zu einer Königlichen Polytechnischen Schule und dann 1890 zu einer Königlich Sächsischen Technischen Hochschule ausgeweitet. Zu DDR-Zeiten erhielt die Hochschule dann den Status einer Universität. Nach der Wende integrierte die TU weitere Hochschulen der Stadt und wurde zu einer Volluniversität ausgebaut, unter anderem mit Studiengängen für Medizin und geistes- sowie sozialwissenschaftliche Fächer. Doch die MINT-Fächer dominieren traditionell. Da die Arbeitsbedingungen für Absolventen der MINT-Fächer zunehmend internationaler werden, hat die TU Dresden schon in den 90er Jahren eine Internationalisierungsstrategie entwickelt, um ihren Studierenden Kenntnisse über immer wichtiger werdende Regionen zu vermitteln. Zwei Regionen wurden dabei ausgewählt: Lateinamerika und Ostasien. So entstand 1998 das Ostasienzentrum (OAZ) mit seinen zwei Standbeinen Greater China und Japan. Direktorin wurde damals Birgit Häse, die diese Funktion heute noch innehat. Sie sagt: „Wir haben hier eine an ein Nebenfach angelehnte Ausbildung aufgebaut, vorrangig für MINT-Studierende, die eine Sprachausbildung plus regionalwissenschaftliche Seminare umfasst, die sich mit Gesellschaft, Politik, Geschichte, Kultur und Wirtschaft Chinas bzw. Japans beschäftigen.“
Lehrende: Die OAZ-Direktorin Birgit Häse ist promovierte Sinologin (Göttingen, FU Berlin, Shenyang, Beijing). Ihre Forschungsschwerpunkte sind chinesische Gegenwartsliteratur, chinesischsprachige Filme sowie Cultural und Gender Studies. Sie ist die einzige festangestellte Arbeitskraft unter den Lehrenden. „Ich arbeite komplett mit Lehrbeauftragten“, sagt sie. Sie werden nach Unterrichtsstunden bezahlt. Vier Lehrbeauftragte für Greater China stehen Birgit Häse zur Seite: Carsten Storm (bereits seit 2001 dabei und inzwischen auch habilitiert) und Baris Selcuk für die regionalwissenschaftlichen Seminare. Storm und Selcuk haben übrigens beide an der Uni Köln studiert. Im Sprachunterricht lehren Sun Xiangxue und Wang Wei. Beide sind Muttersprachler, die schon lange in Deutschland leben und arbeiten.
Studium: Das OAZ bietet den Studierenden ein sehr flexibles Modulsystem an. Wer nur die Sprache erlernen will, bedient sich der Sprach-Module. Wer sich ein Basiswissen über Chinas Gesellschaft aneignen will, nutzt die regionalwissenschaftlichen Module. Man kann auch beides kombinieren für den Abschluss Regionalstudium. Das ist kein richtiges Nebenfach-Studium, sondern ein Begleitstudium zusätzlich zum jeweiligen Hauptfach, für das man ein Zeugnis mit Noten und Anzahl der absolvierten Stunden erhält. Das sind in der Sprachausbildung 180 Stunden und in der Regionalausbildung 120 Stunden, jeweils verteilt über mindestens drei Semester. Man kann grundsätzlich in jedem Semester einsteigen, man muss nicht im ersten Semester anfangen. Im Gegenteil: „Gerade die MINT-Fächer haben in den ersten beiden Semestern zeitintensive Pflichtbereiche wie Mathe. Da ist es ratsamer, erst danach mit den Zusatzkursen zu China und/oder Chinesisch zu beginnen.“ Wie weit kommt man mit 180 Stunden Chinesisch-Unterricht? Birgit Häse: „Die Studierenden erreichen nach den drei Semestern HSK-3-Niveau.“ Die Chinesisch-Lernenden müssen aber alle vier Fertigkeiten können, also auch das Schreiben. Natürlich könne man auf diesem Niveau keine Fachtexte lesen, sagt Häse, aber viel wichtiger sei, dass dadurch die MINT-Studierenden ihre Hemmschwelle – Chinesisch sei so schwierig – überwinden und abbauen. Sie sollen dadurch auch ermutigt werden, an Partnerunis in China zu gehen, um dort in ihren Fächern Kurse zu belegen. Mittlerweile ist China in vielen Industrien und Technologien mit an führender Stelle, zum Beispiel in der Autoindustrie, der Künstlichen Intelligenz oder Robotik. Deshalb wird China gerade für MINT-Studierende immer wichtiger. Auch als Arbeitsmarkt. „Wer ein MINT-Studium mit unseren China-Modulen kombiniert, hat dort bessere Chancen“, weiß Birgit Häse aus Erfahrung
Info:
Die Homepage des OAZ lautet: https://tu-dresden.de/gsw/slk/lsk/oaz
Im „Handbuch China-Kompetenzen“ hat Birgit Häse das Begleitstudium China am OAZ ausführlich vorgestellt: https://www.transcript-verlag.de/media/pdf/58/28/da/oa9783839459751.pdf