Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Immer häufiger bekomme ich in diesen Tagen Mails und Fotos von Bekannten und Freunden auf irgendwelchen Flughäfen oder in irgendwelchen Flugzeugen. Sie sind auf dem Weg von oder nach China. Drei Jahre nach dem Pandemie-Ausbruch und wenige Wochen nach dem abrupten Schwenk der chinesischen Führung in der Covid-Politik beginnt eine langsame Normalisierung des Austausches und der Beziehungen. Die Flieger sind wieder fast voll, die Airlines erweitern ihre Flugpläne. Chinesische Politiker brechen zu Besuchen auf, Wirtschaftsdelegationen fallen scharenweise ein, und im privaten Bereich kommt es zu unzähligen Familienzusammenführungen. Vorbei sind drei zähe Jahre, in denen ein riesiges Land quasi in Quarantäne war. Drei Jahre, in denen Chinas Image im Westen und auch in Deutschland aus verschiedenen Gründen immer schlechter wurde (Hongkong, Xinjiang, Taiwan, Russland-Connection). Drei Jahre, in denen man nur übereinander redete (und das häufig nicht sehr freundlich) und nicht miteinander. Jetzt kann man langsam wieder miteinander reden. Und wir sollten diese Chance nutzen und den Dialog mit dem durchaus schwierigen Partner China suchen. Nur im Dialog kann man den anderen verstehen lernen, was nicht heißt, kuschend seine Positionen zu übernehmen. Aber wir wollen uns offenbar nicht die Mühe machen, China auch nur annähernd zu verstehen (siehe dazu der Hinweis auf den Artikel von Marina Rudyak). Das gilt vor allem für die deutsche Politik, die permanent zu Recht die fehlende China-Kompetenz hierzulande beklagt, aber selbst mit schlechtem Beispiel vorangeht. Es soll Minister (und Staatssekretäre) in dieser Regierung geben, die noch nie in der Volksrepublik China waren, aber meinungsstark das Land be- und verurteilen. Statt ihre angelesene Meinung mit der chinesischen Wirklichkeit zu konfrontieren, fliegen manche von ihnen lieber nach Taiwan. Kann man machen, aber auch Beijing hat einen Flughafen.

Wolfgang Hirn

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