CHINAHIRN liest…

Eine Sprache der Liebe von Xiaolu Guo. Das Buch hat acht Kapitel. Deren Überschriften lauten ganz simpel Westen, Süden, Osten Norden, Unten, Oben, Links und Rechts. Das klingt nach Orientierungslosigkeit und spiegelt die Suche oder Sehnsucht der Erzählerin nach dem Ort wider, wo sie leben möchte und wo ihr Zuhause ist. Denn ihr bisheriges Leben verlief alles andere als geradlinig. Eine junge Chinesin kommt zur Promotion nach London. Dort verliebt sie sich in einen Australier, der sich allerdings als Sohn eines deutsch-englischen Paars entpuppt. Sie bekommen ein Kind, heiraten, ziehen kurz in die norddeutsche Tiefebene, um dann doch wieder in London zu landen. Soweit der Gang der Geschichte im Kurzdurchlauf. Ist es „nur“ eine Liebesgeschichte? Ja, ist es, aber es ist doch mehr, viel mehr. Es ist auch ein Stück über den Clash der Kulturen auf privater Ebene: Ost trifft auf West. Es kommt immer wieder zu Situationen, in denen die Unterschiede aufbrechen, die die Erzählerin in einer einfachen, schnörkellosen, manchmal auch selbstironischen Sprache beschreibt. Beispiel Silvesterfete, als sich alle „Happy New Year“ wünschen. Die Erzählerin fragt sich: „Warum Happy New Year? Was hatte der Beginn eines neuen Jahres mit Glück oder Unglück zu tun?“ Oder die unterschiedliche Sichtweise auf Rom, das das Paar in den Flitterwochen besucht hat. Sie schreibt: „Rom – das war für mich nicht das Kolosseum oder der Vatikan, sondern rosafarbene Oleanderknospen im Frühlingswind.“ Migration, Fremdheit, Kulturunterschiede – das sind die (Dauer-)Themen von Xiaolu Guo, die eine längst etablierte Schriftstellerin und Filmemacherin ist. Die gebürtige Chinesin lebt seit 2002 in London. In diesem Winter ist allerdings Berlin ihr Lebensmittelpunkt. Am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der FU hat sie die Samuel

-Fischer-Gastprofessur inne. Dort hält sie ein Seminar mit dem Thema „Translating the East“. Das Übersetzen, das Verstehen des Ostens ist ihr in diesem Buch bestens gelungen.

Info:

Xiaolu Guo: Eine Sprache der Liebe, Penguin Verlag, 297 Seiten, 24 Euro. Am 17. Januar kann man Xiaolu Guo auch sehen und hören. Und zwar um 19.30 Uhr im Züricher Literaturhaus am Limmatquai 62.

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