POLITIK I Wie Scholz China und die Welt sieht…

Außenpolitische Grundsatzreden hat Bundeskanzler Olaf Scholz bislang kaum gehalten. Jetzt hat er aber einen Grundsatzartikel geschrieben. Er wird in der Januar/Februar-Ausgabe von „Foreign Affairs“ erscheinen, der Text wurde aber schon Anfang Dezember bekannt und von der Redaktion ins Deutsche übersetzt. Titel: „Die globale Zeitenwende – Wie ein neuer Kalter Krieg in einer multipolaren Ära vermieden werden kann“. Scholz glaubt nicht an eine bipolare Welt: „Viele sind der Auffassung, dass wir am Beginn einer neuen Ära der Bipolarität innerhalb der internationalen Ordnung stehen. Sie sehen schon einen neuen Kalten Krieg heraufziehen, der die Vereinigten Staaten und China als Gegner in Stellung bringt. Ich teile diese Ansicht nicht.“ Er geht vielmehr von einer multipolaren Welt aus, „in der verschiedene Länder und Regierungsmodelle um Macht und Einfluss konkurrieren“. Nach Ansicht von Scholz erleben wir „derzeit das Ende einer außergewöhnlichen Phase der Globalisierung“. 30 Jahre hätte diese gedauert und Nordamerika sowie Europa stabiles Wachstum, hohe Beschäftigungsquoten und niedrige Inflation beschert. Gleichzeit sei aber in dieser Phase auch China zu einem Global Player geworden.

Chinas Aufstieg sei aber – das geht an die Adresse der Amerikaner und auch zum Teil an die Europäer – weder eine Rechtfertigung für die Isolation Pekings noch für eine Einschränkung der Zusammenarbeit. Aber zugleich – und das ist an die Adresse Pekings gerichtet – rechtfertige Chinas wachsende Macht auch keine Hegemonialansprüche in Asien und darüber hinaus. Scholz hat mehrere Forderungen an China, zum Beispiel gleiche Wettbewerbsbedingungen für europäische und chinesische Unternehmen. „China tut in dieser Hinsicht zu wenig und hat erkennbar einen Pfad in Richtung Isolation und weg von Offenheit eingeschlagen.“

Scholz setzt sich – Stichwort Diversifizierung – „für neue Partnerschaften mit zahlreichen Ländern in Afrika, Asien, der Karibik und Lateinamerika ein“. Viele dieser Partner seien Demokratien. Mit diesen Demokratien „jenseits des traditionellen Westens“ müssten die EU und Deutschland enger zusammenarbeiten. Er wolle aber nicht Demokratien gegen autoritäre Staaten ausspielen. Denn das würde nur zu einer neuen Zweiteilung der Welt beitragen. Er plädiert deshalb auch für Gespräche mit Nicht-Demokratien: „Letztlich müssen in einer multipolaren Welt Dialog und Kooperation aber auch außerhalb der demokratischen Komfortzone stattfinden.“ 

Info:

Die deutsche Übersetzung des Scholz-Artikels in „Foreign Affairs“ gibt es hier: https://www.foreignaffairs.com/germany/die-globale-zeitenwende

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