YOUNG CHINA HANDS I Miriam Theobald und Marcel Münch, Erklärer der chinesischen Tech-Welt

China Hands wurden im 19. Jahrhundert die wenigen Ausländer genannt, die sich in China auskannten, dessen Sprache und Kultur verstanden- oder zumindest so taten. Später wurden daraus Old China Hands, Leute mit 20 oder von mehr Jahren Erfahrung im Reich der Mitte. Es gibt aber auch zunehmend junge Leute, die sich intensiv mit China beschäftigen, die aber oft nicht zu Wort kommen. Deshalb werde ich neben Old China Hands auch Young China Hands vorstellen – auch wenn Letzteres per definitionem ein Widerspruch ist. Heute werden zwei Young China Hands vorgestellt: Miriam Theobald (36) und Marcel Münch (37).

Miriam Theobald und Marcel Münch stammen aus der Pfalz, aus der Nähe von Landau, um genau zu sein. Die Pfälzerin und der Pfälzer sind kulinarischen Genüssen nicht abgeneigt: „Wir essen und trinken gern“, sagt Miriam Theobald. Deshalb hatten die beiden schon während ihres Studiums in Konstanz eine erste Geschäftsidee, nämlich Pfälzer Wein nach China zu verkaufen. Das klappte nicht so richtig, aber die Idee zeugt von dem frühen Willen der beiden, was Eigenes zu machen – und das am besten zum Thema China. Denn sie studierten damals an der HWTG Konstanz Wirtschaftssprachen Asien und Management China. Zu diesem Kombi-Studium kamen sie aus sehr unterschiedlichen Motiven. Marcel Münch erinnert sich an die reißerischen Spiegel-Titel über das ferne China: „Die haben mich fasziniert, aber ich wollte mir mein eigenes Bild von China machen.“ Miriam Theobald kam eher über Umwege nach Konstanz. Sie wollte eigentlich Architektur studieren, fand aber mangels Praktikums zunächst keinen Studienplatz, landete zur Überbrückung der Wartezeit eher zufällig beim BWL-Chinesisch-Studiengang in Konstanz – und blieb dort hängen. „Es hat einfach so viel Spaß gemacht“, sagt sie. Beide machten während ihres Studiums Praktika in China. Sie in Beijing, er in Shanghai.  Beide machten ihren Master in London. Er an der City University in Innovationsmanagement, sie am King´s College in Urban Studies. Und beide arbeiteten danach in verschiedenen Unternehmen als Analysten und Berater. Sie fragten sich: „Warum sollen wir immer nur beraten und nicht mal was selber machen?“ 2016 machten sie sich dann in Berlin selbstständig und gründeten die Things move China GmbH, die unter der Brand Dongxii bekannt wurde. Dong heißt im Chinesischen Ost und Xi West. Passenderweise heißt Dongxi Sache oder Ware. Damit ist auch der Geschäftszweck erklärt: Sie verkauften via Internet Waren aus Deutschland nach China, von West nach Ost. Vor allem Nahrungsergänzungsmittel und Naturkosmetik. Doch im Laufe der Zeit stellte sich heraus, dass viele deutsche Unternehmen sie anfragten, ob und wie sie drüben ins Online-Geschäft einsteigen könnten, und wer denn dort die wichtigen Player seien, die man kennen müsse. Marcel Münch: „Wir haben gemerkt, dass unsere Insights für die Unternehmen immer interessanter wurden.“ Und so gerieten sie zunehmend ins Consulting Business. Seit 2019 sind die beiden nur noch beratend tätig, aber immer noch unter dem Dach von Dongxii. Sie geben Einblicke in Chinas rasant wechselnde Tech-Welt, sei es in die digitale Landschaft, künstliche Intelligenz oder ins autonomes Fahren. Marcel Münch bewertet dabei die interessanten Unternehmen Chinas in diesen Bereichen eher aus Investorensicht. Er ist auch selber in einige chinesischen Unternehmen investiert. Sein Youtube-Kanal „East West Investment Opportunities“ hat knapp 47 000 Abonnenten. Miriam Theobald mag, obwohl sie auch ab und zu als Key-Note-Speakerin auftritt, eher die kleine Bühne: „Ich mache nur noch Consulting und Hochschule.“ Sie hat diverse Lehraufträge – von der TU Berlin bis zu ihrer Alma Mater in Konstanz. In ihrer Beratungstätigkeit informiert sie vor allem über neue Technotrends in China und Geschäftsmodelle aus China. „Trend-Scouting ist ein großes Thema von mir“, sagt sie. Und wie entdeckt man Trends, wenn man nicht in das Land reisen kann? Miriam Theobald: „Wir hängen oft den ganzen Tag in den chinesischen sozialen Medien herum.“  Außerdem skypen sie häufig mit ihren Kontaktpersonen in China. Aber sie warten natürlich – wie so viele – sehnsüchtig darauf, bald wieder nach China reisen zu können, um die aus der Ferne diagnostizierten Trends aus der Nähe kennenzulernen.

Info:

Hier die Webseite der beiden: https://dongxii.com/

Hier geht es zum Youtube-Channel von Marcel Münch: https://www.youtube.com/c/DONGXiiTheChinaOpportunity/videos

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