GESELLSCHAFT I Freud und Leid der vietnamesischen Frauen in China

Harper Wang ist eine Journalistin, die in Beijing und Hongkong lebt und schreibt. Sie stammt aus dem Bezirk Hong´an in der Provinz Hubei. Dort gibt es ein 56 000-Einwohner-Dorf namens Huajiahe. Dort soll es – so erfuhr Wang – viele vietnamesische Frauen geben, die chinesische Männer geheiratet haben. Wang machte sich also auf den Weg, um diese Frauen zu treffen. Heraus kam die Story „The real Vietnamese housewives of Central China”, soeben erschienen im Newsletter „The China Project“. Bislang gab es vor allem in den südlichen Provinzen – Yunnan und Guangxi – Mischehen zwischen chinesischen Männern und Frauen aus den angrenzenden Staaten Myanmar, Laos und Vietnam. Doch inzwischen hat dieses Phänomen auch die zentralen Provinzen erfasst – wie eben auch Hubei. Nicht nur dort gibt es die sogenannten „leftover men“. Das sind Männer vor allem auf dem Lande, die keine Frau finden, weil erstens das Geschlechterverhältnis extrem unausgewogen ist, und weil zweitens viele Frauen vom Land in die Städte fliehen. Den Trend, vietnamesische Frauen zu heiraten, gibt es schon länger, aber er hat sich in den vergangenen Jahren beschleunigt. Und mit ihm stiegen die Preise. Nach wie vor ist in China Brautgeld üblich, wobei eine vietnamesische Frau „günstiger“ als eine chinesische ist. Musste der Ehemann vor zehn Jahren noch rund 75 000 Yuan an die Braut, deren Eltern und die Mittelsmänner und -frauen überweisen, so sind es derzeit bis zu 130 000 Yuan. Rund 400 vietnamesische Frauen wurden auf diese Weise allein nach Huajiahe vermittelt. Harper Wang hat einige gesprochen und zwei von ihnen vorgestellt, die jeweils verschiedene Erfahrungen gemacht haben. Da ist zum einen die 45jährige A Cui, die seit mehr als zehn Jahren in China eher unglücklich verheiratet ist. Sie spricht kaum Chinesisch, sieht ihren auswärts arbeitenden Mann selten und kommuniziert wehmütig via WeChat mit ihrer in Vietnam lebenden Tochter aus erster Ehe. Ganz anders gestaltet sich das Eheleben der 35jährigen Li Meizhu, die fließend Chinesisch spricht, zwei Söhne (5 und 11) hat und sogar von Liebe zu ihrem Mann spricht. Es sei ein Lotteriespiel, an welchen Mann man da gerät, sagt denn auch die 30jährige Phuong, die in einem anderen, gerade im Online-Magazin „Sixth Tone“ erschienen Artikel porträtiert wird. Sie beschreibt darin ausführlich ihren beschwerlichen Weg aus der relativen Armut in der Nähe von Ho-Chi-Minh-City zu ihrem Ehemann in einem Dorf in der Provinz Fujian. Dabei weist sie auf ein großes Problem fast aller vietnamesischen Frauen hin: Viele leben illegal in China. Wer legal im Lande ist, muss jedes Jahr für 500 Yuan seine Aufenthaltsgenehmigung erneuern und übrigens auch einen HIV-Test machen lassen. Erst nach fünf Jahren besteht die Chance auf eine Green Card. Und so endete auch die Story von Phuong mit der Sehnsucht nach diesem Papier: Noch 711 Tage bis zur Green Card.

Info:

Hier die Story von Phuong in Sixth Tone:https://www.sixthtone.com/news/1011587/a-vietnamese-brides-chinese-dream?source=channel_home&utm_source=substack&utm_medium=email

Und hier der Artikel in „The China Project“:

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