ESSEN I Alles Käse

Käse war in China lange Zeit ein Nischenprodukt, das in den Kühlregalen der Supermärkte nur am Rande vorkam – und dann auch noch zu horrenden Preisen. Der kleine Markt wurde fast nur von ausländischen Herstellern beherrscht, zum Beispiel vom neuseeländischen Konzern Fonterra, der skandinavischen Arla-Gruppe, Lactalis aus Frankreich, aber auch Milkana aus Deutschland. Produkte chinesischer Hersteller waren Mangelware, zumal diese nach dem Milchpulver-Skandal viel an Renommee verloren hatten. Doch in den vergangenen vier, fünf Jahren sind die Chinesen auf den Käse-Geschmack gekommen. Vor allem die junge Generation greift inzwischen gerne zu dem einst exotischen Milchprodukt. Viele waren als Studenten oder Touristen im Ausland und haben dort den Käse kennen- und genießen gelernt. Die aufstrebende Mittelschicht ist zudem gegenüber westlichen Waren auch im Food-Bereich sehr offen. Und zu guter Letzt gilt Käse als gesundes Lebensmittel. Das Education Bureau der Stadt Nanjing hat zum Beispiel seinen Schulen empfohlen, in den Kantinen Käse anzubieten. Die Behörden ziehen nach. Soeben wurden „The National Food Safety Standards for Processed Cheese and Cheese Products” erlassen, die ab dem 30. Dezember gelten sollen. Außerdem hat die Dairy Association of China einen Aktionsplan für die kommenden drei Jahre erstellt, um Käse zu promoten und chinesische Hersteller wettbewerbsfähiger zu machen. Ein Konzern kann bereits Erfolge vermelden: Milkground Food Technology ist inzwischen Marktführer bei Käse. Der Shanghaier Konzern macht rund die Hälfte seines Käse-Umsatzes mit Kindern, indem er ihnen Käse-Lollipops mit zum Teil abenteuerlichen Kombinationen anbietet. Aber vielleicht ist das eine zukunftsträchtige Strategie: Wer heute Käse lutscht, der isst morgen auch „richtigen“ Käse.

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