DOKU I Systemrivalität

Derzeit wird viel über die systemische Rivalität geschrieben und geredet. Ja, man kann von einer Neuauflage des Kalten Krieges in etwas anderem ideologischem Gewand sprechen. Es treten gegeneinander an: Liberale Demokratien versus autoritär geführte Staaten. Diese systemische Konkurrenz hat der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages am 17. Oktober zum Thema eines öffentlichen Hearings gemacht. Thomas Erndl (CSU), der stellvertretende Ausschussvorsitzende, sprach in seinen einleitenden Worten von einem „brisanten und komplexen Thema“. Die Komplexität, aber auch die unterschiedlichen Betrachtungen der Systemrivalität zeigten sich dann auch in den danach folgenden Statements der geladenen Experten: Thorsten Benner (GPPi), Ben Schreer (IISS), Hanna Pfeifer (Uni Frankfurt), Janka Oertel (ECFR), Karl-Friedrich Weiland (Politikberater) und Ingar Solty (Rosa-Luxemburg-Stiftung). Benner, Schreer und Oertel waren sich einig, dass der große Gegner im Systemwettbewerb nicht Russland ist, sondern China. Diesen Kontrahenten gilt es einzuhegen, zusammen mit gleichgesinnten Demokratien. Diese Koalition reiche aber nicht aus, sagte Benner. „Wir müssen – und das ist die größte Herausforderung – Staaten aus dem globalen Süden auf unsere Seite ziehen.“ Dabei müsse man auch mit semi-autoritären und autoritären Staaten kooperieren, forderte Schreer. Hanna Pfeifer urteilte differenzierter: „Die dichotomische Unterscheidung zwischen liberalen Demokratien und autoritär geführten Staaten ist empirisch nicht haltbar und für das praktische Urteil nicht hilfreich.“ Eine solche Freund-Feind-Rhetorik habe das Potential, Feindbilder zu schaffen, Konfliktlinien fortzuschreiben und Antagonismen zu vertiefen. Wesentlich positiver als ihre Vorredner sahen Weiland und Solty China. Weiland sagte, dass China nicht nur ein Rivale sei, sondern auch ein Wettbewerber, von dem wir viel lernen könnten. Solty sprach sich gegen eine Konfrontationspolitik gegenüber China aus. Diese sei nicht im breiten Interesse der deutschen Bevölkerung und müsse deshalb verhindert werden.

Info:

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw42-pa-ausw-ausschuss-demokratienen-912400; dort sind auch die Stellungnahmen von Hanna Pfeifer (in Kurzform), Karl-Friedrich Weiland und Ingar Solty abrufbar.

No Comments Yet

Comments are closed