WIRTSCHAFT I Unglaublich: Westlicher Konzern hat sich an chinesischen Häfen beteiligt

Was war das plötzlich für eine Aufregung vergangene Woche um den Hamburger Hafen. Der chinesische Staatskonzern Cosco wollte sich an einem der vier Terminals mit 35 Prozent beteiligen. Diese Beteiligung wurde dann per Machtwort von Bundeskanzler Scholz auf 24,9 Prozent reduziert. Den Kritikern war selbst das zu viel, sie befürchten auch bei dieser Minderheitsbeteiligung einen Einfluss Chinas auf einen wichtigen Bereich der kritischen Infrastruktur. Gut, darüber kann man zu Recht streiten und diskutieren. Aber die Kritiker des Deals brachten meist noch ein weiteres Argument in die Diskussion ein: Man könne einen Einstieg Chinas in einen europäischen Hafen nicht zulassen, weil umgekehrt China es ja auch keinem westlichen Unternehmen erlaube, sich an einem Hafen zu beteiligen. Stichwort Reziprozität. Politiker wie Medien verbreiteten dieses Argument stereotyp. So sagte Außenministerin Annalena Baerbock am 30. Oktober im ARD-„Bericht aus Berlin“: „China verbietet es, dass ausländische Unternehmen in deren Infrastruktur investieren können“.  Das sei doch – echauffiert sie sich – absolute Wettbewerbsverzerrung. Und im Leitartikel der Süddeutschen Zeitung einen Tag später heißt es, dass China „niemals einem westlichen Konzern den gleichen Gefallen täte in einem seiner Häfen.“ Der Autor dieser Zeilen war Kai Strittmatter. Der langjährige China-Korrespondent arbeitet ja seit ein paar Jahren in Kopenhagen. Dort sitzt auch einer der größten Logistikkonzerne und Reedereien der Welt, die A. P. Moeller-Maersk Group, kurz: Maersk, der auch inzwischen die deutsche Reederei Hamburg Süd gehört.  Über seine Tochter APM Terminals ist Maersk an 75 Terminals weltweit beteiligt, unter anderem – Überraschung! – an mehreren chinesischen Häfen. Ich zitiere die chinesischen Hafen-Beteiligungen aus dem aktuellen Maersk-Geschäftsbericht 2021: Shanghai East Container Terminal (APM-Beteiligung: 49 Prozent), Shanghai Tie Yang Multimodel Transportation (29), Xiamen Songyu Container Terminal (25), Qingdao Qianwan Container (20), Guangzhou South China Oceangate Container Terminal (20), Tianjin Port Alliance International Container Terminal (20) und Qingdao New Qianwan Container Terminal (19). Meine Bitte zum Schluss: Kann mal jemand im Auswärtigen Amt Seite 122 aus dem Maersk-Geschäftsbericht kopieren und Frau Baerbock in die Mappe legen.

Info:

Hier geht es zum Annual Report 2021 von Maersk (auf Seite 122 sind die Beteiligungen aufgeführt): https://investor.maersk.com/static-files/b4df47ef-3977-412b-8e3c-bc2f02bb4a5f

Hier eine aktuelle Übersicht über das Unternehmen APM Terminals: https://www.apmterminals.com/en/about/our-company

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