WISSENSCHAFT I Immer mehr Wissenschaftler verlassen die USA

Li Zhijin arbeitete über 20 Jahre bei der NASA. Dort entwickelte er Data Processing Tools für eben die NASA, aber auch für die amerikanische Marine. Seit kurzem ist Li zurück in China. An der renommierten Fudan Universität in Shanghai ist er nun Professor in der Fakultät für atmosphärische und ozeanische Wissenschaften. Li ist ein prominenter Fall eines Rückkehrers, aber bei weitem nicht der einzige. Immer mehr Wissenschaftler mit chinesischem Background – seien es in den USA geborene oder dorthin ausgewanderte – kehren den USA den Rücken. Allein 2021 waren es über 1400 Wissenschaftler. Dieser Trend war schon in den 10er Jahren erkennbar, beschleunige sich aber nach 2018. Grund: Im Dezember 2018 startete unter der Trump-Ära das Justizministerium die China Initiative. Durch sie sollten – salopp gesagt – chinesische Spione ausfindig gemacht werden. Diese Hexenjagd stieß auf Kritik unter den Wissenschaftlern und Bürgerrechtlern. In diesem Frühjahr wurde die China-Initiative gestoppt, doch der Schaden blieb. „The China Initiative caused panic and an exodus of senior academic researchers of Chinese descent in the US”, schreiben fünf Autoren der drei renommierten Unis Harvard, MIT und Princeton in ihrer Studie “Caught in the Crossfire: Fears of Chinese-American Scientists”.  Darin veröffentlichen sie die Ergebnisse ihrer Umfrage, die sie zwischen Dezember 2021 und März 2022 unter chinesisch-stämmigen Wissenschaftlern in den USA gemacht haben. Die wichtigsten Ergebnisse: 35 Prozent fühlen sich nicht mehr willkommen in den USA. 72 Prozent fühlen sich als Forscher nicht mehr sicher. Und nach Ansicht der Autoren am erschreckendsten ist die Tatsache, dass „a shocking 61 per cent have thought about leaving the US.“ Dieser Exodus wird Auswirkungen auf die amerikanische Wissenschaftslandschaft haben, und zwar keine positiven. Denn – so stellen die Autoren fest: „China has been the most important foreign suppliers of US-based scientists for several years.” So stammte zum Beispiel 2020 unter den 30 000 Doktoranden im Bereich Science und Engineering die Hälfte aus dem Ausland. Von diesen Ausländern waren 37 Prozent aus China. Wenn nun viele davon zurückkehren und gleichzeitig immer weniger Chinesen in die USA zum Studieren und Forschen kommen, wird das vor allem die Natur- und Ingenieurwissenschaften vor große Nachwuchsprobleme stellen.

Info:

Die Studie der Harvard-, MIT- und Princeton-Wissenschaftler ist hier: https://arxiv.org/abs/2209.10642v1

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