Schon ihr Outfit sollte dokumentieren, wo EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede am vergangenen Dienstag den Schwerpunkt setzen wird. In gelbem Blazer und blauem Shirt – den Nationalfarben der Ukraine – trat sie in Strassburg vor das Europäische Parlament, um ihre Rede zur Lage der Union zu halten (eine Kopie der amerikanischen „State of the Union“-Rede des Präsidenten). Gleich zu Beginn lobte sie mit viel Pathos das tapfere ukrainische Volk, begrüßte die liebe Olena, die anwesende First Lady der Ukraine und verdammte die russische Aggression. In der Ukraine wird ihrer Meinung nach ein Stellvertreterkrieg geführt. Das sei nicht nur ein Krieg Russlands gegen die Ukraine: „Hier kämpft Autokratie gegen Demokratie“. Und damit kam auch China ins Spiel. An mehreren Stellen ihrer Rede ging sie auf China ein. Besonders intensiv bei der Rohstofffrage. Der Zugang zu Rohstoffen sei entscheidend für den Erfolg der Transformation hin zu einer nachhaltigen und digitalen Wirtschaft. Die Kommissionspräsidentin: „Lithium und seltene Erden werden bald wichtiger sein als Öl und Gas.“ Das Problem sei aber, dass derzeit ein einziges Land fast den kompletten Markt beherrsche. Ein paar Sätze weiter nennt sie China mit Namen: „Heute kontrolliert China weltweit die Verarbeitungsindustrie. Fast 90 Prozent der seltenen Erden und 60 Prozent des Lithiums werden in China verarbeitet.“ Diese Abhängigkeit soll verringert werden, indem die Lieferkette per Gesetz neu justiert werden soll. „Daher verkünde ich heute ein europäisches Gesetz zu kritischen Rohstoffen.“ Am Schluss ihrer Rede kommt sie auf die systemische Auseinandersetzung zwischen Autokratien und Demokratien zu sprechen. Ausländische Autokraten würden unsere Länder ins Visier nehmen. Dabei nennt sie ein Projekt an der Universität Amsterdam, an der ein angeblich unabhängiges Forschungszentrum in Wirklichkeit von chinesischen Akteuren finanziert würde. Dieses Zentrum veröffentliche vermeintliche Forschungsergebnisse zu Menschenrechten und würde Beweise für Arbeitslager für Uiguren als „Gerüchte“ abtun. Vor solch böswilliger Einmischung müsse sich die EU schützen. „Deshalb werden wir ein Paket zur Verteidigung der Demokratie vorlegen“, kündigte sie an. Was in diesem Paket drin sein werde, verriet sie nicht, aber dies – so ihr Versprechen- werde helfen, verdeckte ausländische Einflussnahme und dubiose Finanzierungen ans Licht zu bringen. Sie schloss ihre Rede so pathetisch wie sie sie begonnen hat: „Lang lebe Europa.“
Info:
Hier die Rede der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Wortlaut: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/SPEECH_22_5493 Und hier man die Rede hören und sehen: https://state-of-the-union.ec.europa.eu/index_de