DOKU I Rede einer Besonnenen

Neuseelands Ministerpräsidentin Jacinda Ardern war in den vergangenen Wochen viel in der Welt unterwegs. Sie war in den USA, in Europa (u.a. beim NATO-Gipfel in Madrid) und im relativ nahen Asien. Fast vor der Haustür (obwohl auch fünf Flugstunden entfernt) trat sie am 7. Juli vor dem Lowy Institute in Sydney auf, um ihre Eindrücke und Schlussfolgerungen aus ihren Reisen in einer außenpolitischen Grundsatzrede zu formulieren. Diese kreiste um die zentrale Frage: “In an increasingly polarised and contested world, when the push and pull of foreign diplomacy is heightened, how do you successfully sustain a truly independent foreign policy?” Das ist eine Frage, die sich viele Politiker stellen und unterschiedlich beantworten. Die einen begeben sich in dieser sich polarisierenden Welt in eines der Lager, andere versuchen einen Mittelweg zu finden und sich zu durchzulavieren. Letzteres ist Neuseeelands Position. Obwohl Mitglied der Five Eyes (ein Zusammenschluss der westlichen Geheimdienste von USA, UK, Kanada, Australien und Neuseeland) lässt sich Neuseeland nicht in die jüngst etablierten (Anti-China-?) Bündnisse wie AUKUS oder Quad drängen oder locken. Ardern sagte: „We must take a step back from polarization and black-and-white approaches to conflict.” Den Konflikt in der Ukraine will sie nicht – wie es zum Beispiel Joe Biden tut – als einen Konflikt zwischen Demokratie und Autokratie sehen: „Let us not characterise this as a war of the West v Russia or democracy v autocracy. It is not.” Sie spricht sich für Dialog und Zusammenarbeit aus. Das gelte auch für ihre Region: “In the wake of the tensions we see rising, including in our Indo-Pacific region, diplomacy must become the strongest tool and de-escalation the loudest call. That won’t succeed, however, if those parties we endeavour to seek to engage with are increasingly isolated and the region we inhabit becomes increasingly divided and polarized.” Das lässt sich durchaus so interpretieren, dass man China nicht isolieren solle. Sie plädiert auch im Falle Chinas für Dialog: “Even as China becomes more assertive in the pursuit of its interests, there are still shared interests in which we can and should seek to cooperate.” Ein Land, das auf Diplomatie und Kooperation setzt – wo gibt es denn so was? In Neuseeland, leider am Ende der Welt. Aber vielleicht hat man von dort einen besseren Blick auf diese Welt.

Info:

Hier kann man die Rede von Jacinda Ardern anhören: https://www.youtube.com/watch?v=HotP0y3aiEU (sie beginnt ab Minute 29:45). Und nhier nachlesen: https://www.lowyinstitute.org/publications/address-new-zealand-prime-minister-jacinda-ardern

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