Erst das malerische Schloss Elmau, dann eine schmucklose Messehalle in Madrid. Erst der G7-Gipfel, dann der NATO-Gipfel. Die Mächtigen der westlichen Welt waren fast eine Woche mit ihren Entouragen unter sich. Bei beiden Gipfeln beherrschte natürlich der Ukraine-Krieg die Agenda. Russland war in Gestalt von Wladimir Putin zu Recht der böse Bube. Aber in der Unbeliebtheitsskala folgte denn auch schon China. Vor allem die USA drängten
Gleich am ersten Tag des G7-Gipfels überraschte Joe Biden mit der Ankündigung einer „Partnership for Global Infrastructure and Investment“ (PGGI). 600 Milliarden Dollar für ein Gegenangebot zur chinesischen Seidenstraße-Initiative wolle der Westen locker machen. Davon wollen die USA 300 Milliarden Dollar spendieren, die EU 200 Milliarden. Es ist – vorerst – eine Mogelpackung. Erstens hatten die EU ihre 200 Milliarden schon längst angekündigt, und zweitens ist gar nicht sicher, ob Biden seine 300 Milliarden vom Congress genehmigt bekommt. Da hat selbst der USA-freundliche Reinhard Bütikofer seine Zweifel: „Committing $ 200 bn without knowing whether Congress will sign on to his initiative at all is a pretty empty gesture“, sagte der grüne Europaabgeordnete gegenüber Politico. Und Ex-Siemens-Chef Joe Kaeser meint in der SZ süffisant: „Am meisten begrüße ich immer die Umsetzung solcher Programme, nicht deren Ankündigung.“ Der Westen hat schon mehrfach vollmundig milliardenschwere Programme versprochen – zum Beispiel auf dem letzten G7-Gipfel „Build Back Better World“ (B3W) – um die Seidenstraßen-Initiative der Chinesen zu kontern. Doch meist folgten den vollmundigen Worten wenig Taten. China reagierte deshalb relativ gelassen. Aufgeregt hat die Führung in Beijing hingegen die G7-Abschlusserklärung. Dort wurde das Land 14mal erwähnt. Im letztjährigen Kommuniqué waren es nur viermal, vermelden die beobachtenden Erbsenzähler. Insbesondere im Kapitel „Foreign and Security Policy“ auf den Seiten 17ff. wird China mehrmals erwähnt, ermahnt und kritisiert. Ein paar Auszüge im Wortlaut:
- „We remain seriously concerned about the situation in the East and South China Seas”.
- “We underscore the importance of peace and stability across the Taiwan Strait.”
“We remind China of the need to uphold the principle of the UN charter on peaceful settlements of disputes and to abstain from threats, coercion, intimidation measures or use of force…”
- “We are gravely con concerned about the human rights situation in China.”
Offenbar waren den USA diese China-kritischen Worte im Kommuniqué nicht ausreichend oder nicht prominent genug platziert. Deshalb schickte das Weiße Haus gleich ein eigenes Papier („Fact Sheet“) hinterher – Überschrift: „The United States to Strengthen Cooperation with G7 on 21st Century Challenges, including those Posed by the People´s Republic of China (PRC)”. Der Vergleich der beiden Papiere offenbart, dass die Partner in Sachen China nicht einer Meinung sind. Die Konfliktlinie verläuft zwischen den Hardlinern USA, UK sowie Kanada und den in China wirtschaftlich stark engagierten Ländern Deutschland, Frankreich und Italien. In deutschen Kreisen wertete man es als Erfolg, dass China nicht mit Russland gleichgesetzt wurde.
Info:
Das Kommuniqué des G7-Gipfels: https://www.consilium.europa.eu/media/57555/2022-06-28-leaders-communique-data.pdf
Der “Fact Sheet” des Weißen Hauses vom 28. Juni: https://www.whitehouse.gov/briefing-room/statements-releases/2022/06/28/fact-sheet-the-united-states-continues-to-strengthen-cooperation-with-g7-on-21st-century-challenges-including-those-posed-by-the-peoples-republic-of-china-prc/?utm_source=substack&utm_medium=email