Anders als die G7-Teilnehmer, die sich vor einer Bilderbuchkulisse in den bayerischen Alpen trafen, begegneten sich ein paar Tage zuvor die Staatschefs der fünf BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) nur via Bildschirm. Es war das 14. Gipfeltreffen seit dem ersten im russischen Jekaterinburg 2009. Gastgeber war dieses Mal China. Auch hierzu waren – wie in Elmau – andere Staatschefs eingeladen, darunter auch die Präsidenten Argentiniens, Indonesiens und des Senegal, die Tage später auch in Elmau auftraten. Insgesamt war die Zahl der eingeladenen Regierungschefs mit 13 wesentlich höher als in Elmau (dort waren es nur fünf). Chinas Staatschef Xi Jinping machte kein Hehl daraus, dass er BRICS als einen neuen Machtfaktor etablieren will, als einen Block des globalen Südens. Xi zum Selbstverständnis der BRICS: „As representatives of emerging markets and developing countries, we must make the right decisions and take responsible actions at the critical juncture of history. What we do will have a significant impact on the world.” Die BRICS-Staaten sind jetzt schon eine wirtschaftliche Macht: Ein Viertel des globalen BSP wird dort erwirtschaftet, ebenfalls ein Viertel der Investitionen fließen in diese Länder. „The bloc´s collective economic might should not be underestimated even though it often tends to punch below its weight”, warnt Michael Kugelman (Wilson Center). Diese Macht könnte noch größer werden, denn der Fünfer-Club will sich erweitern. Das Stichwort heißt BRICS plus. Wer könnte beitreten? Ein Blick auf die Gästeliste gibt Aufschluss – sie reicht von Ägypten über Nigeria bis Thailand. Bekannt ist, dass Argentinien und Saudi-Arabien schon Interesse signalisiert haben. In seiner Rede sagte Xi Jinping zur Erweiterung: “In recent years, many countries have asked to join the BRICS cooperation mechanism. Bringing in fresh blood will inject new vitality into BRICS cooperation and increase the representativeness and influence of BRICS. This year we have, on separate occasions, had in-depth discussions on the question of membership expansion. It is important to advance this process to allow like-minded partners to become part of the BRICS family at an early date.” In der abschließenden Beijing Declaration hört sich das etwas weniger dringlich an: “We support promoting discussions among BRICS members on BRICS expansion process. We stress the need to clarify the guiding principles, standards, criteria and procedures for this expansion process through Sherpas’ channel on the basis of full consultation and consensus.” Es zeigen sich Unterschiede: China (und Russland) drängeln, Brasilien und Indien bremsen.
Nicht nur in der Frage der Erweiterung verläuft die Konfliktlinie zwischen diesen Staaten. James Cabbee (IISS) sagt: „one of the problems with the BRICS is that it´s divided internally. China and Russia agree with each other, but you also have India and Brazil, both of whom tend to be quite sceptical of China.” Der indische China-Experte Manoj Kewalramani sieht zwischen diesen beiden “Lagern” grundsätzliche Unterschiede: „India, Brazil and South Africa largely view the BRICS from the prism of development as opposed to security. In contrary, increasingly it appears that Beijing and Moscow would like to infuse a new security dynamic into the grouping.” Sollten freilich diese Unterschiede im Laufe der Zeit überwunden werden, könnte eine erweiterte BRICS eine wichtige Rolle in der Weltpolitik spielen. Der junge Kanadier Abishur Prakash, der sich selbst Global Futurist nennt, prohezeit in der „South China Morning Post“: „This would fragment the world on a scale not seen since the Cold war and amplify a new era of ´vertical globalization´ that has begun.”
Info:
Xis Rede zu Beginn des BRICS-Gipfels: https://english.news.cn/20220623/d001e1a37c0f40a8acf0e77070b8c256/c.html?utm_source=substack&utm_medium=email
Die Beijing Declaration nach dem BRICS-Gipfel: https://www.mea.gov.in/bilateral-documents.htm?dtl/35435/XIV+BRICS+Summit+Beijing+Declaration