GESELLSCHAFT I Probleme beim Einschlafen

Die Chinesen schlafen immer weniger. Haben sie vor zehn Jahren noch 8,5 Stunden nächtens im Bett verbracht, so waren es 2021 nur noch knapp mehr als sieben Stunden. Das ergab der aktuelle Nationale Schlafforschungsbericht, der bezeichnenderweise am Welttag des Schlafens veröffentlicht wurde. Wer bringt die Chinesen um den Schlaf? Das Regime des Xi Jinping oder der alltägliche Stress? Wohl eher letzteres. Es sind die Sorgen um Familie, Frau, Kind, Wohnung und Job, die viele nachts nicht einschlafen und/oder immer wieder aufwachen lassen. 72 Prozent der Befragten einer Umfrage von JD Big Data sagen, dass ihnen der Druck am Arbeitsplatz schlaflose Nächte bereitet. Es sind vor allem die Jüngeren, die Generation der nach 1990 Geborenen, die mit Schlafproblemen zu kämpfen haben. Das ergab auch eine Studie Ende 2020: Von den rund 300 Millionen Chinesen mit Schlafproblemen stammt über die Hälfte aus dieser Generation. Diese Gruppe greift denn auch am häufigsten zu Produkten, die ihnen einen besseren oder geruhsameren Schlaf ermöglichen sollen. Aufgrund der großen Nachfrage hat sich inzwischen eine sogenannte „sleep economy“ entwickelt. Dazu gehören Unternehmen, die Produkte herstellen, die für einen gesunden Schlaf sorgen oder dies zumindest suggerieren. Die Beratungsfirma iiMedia taxiert diesen Markt derzeit auf 60 Milliarden Dollar. Er soll bis 2030 auf knapp 160 Milliarden Dollar wachsen. Die einschläfernden Produkte im Angebot sind recht vielfältig – Hardware wie Software. Unter Hardware fallen Matratzen (der Markt boomt!), Ohrenstöpsel und Augenmasken. Zur Software zählen die vielen Apps, die man auf dem Smartphone herunterladen kann. Populär sind Apps wie Snail Sleep, Tide oder CoSleep. Die beliebte Podcast-Plattform Ximalaya hat eine eigene Schlaf-Sektion. Da kann man die offenbar beruhigenden Geräusche von Meereswellen oder sich im Wind wiegenden Bäumen herunterladen. Vor allem die junge Generation greift auch nach medizinischen oder pharmazeutischen Hilfsmittelchen wie Melatonin, Schlafsprays oder Ölen.  Und wenn das alles nicht hilft, bleibt als letzte Rettung nur der Vorleser. Für eine halbe Stunde (und 150 Yuan) oder auch mehr kommen sie ins Haus bzw. Schlafzimmer, um sich bei Erfolg leisetretend davonzuschleichen.

No Comments Yet

Comments are closed