Gerne wird hier in Politik und Medien der Eindruck erweckt, dass im Ukraine-Krieg die ganze Welt oder – wie es so schön heißt – die internationale Staatengemeinschaft geschlossen gegen Russland stehe. Nur das uneinsichtige China sei nicht dabei. Zwar haben 141 Nationen bei den Vereinten Nationen den Einmarsch verurteilt, aber bei den Sanktionen machen die meisten Staaten nicht mit. Zwei Artikel weisen auf diesen Aspekt hin. Der eine ist bei Zeit Online erschienen und heißt „Wir sind nicht alle“, geschrieben von Johannes Plagemann, Forscher am GIGA Institut für Asienstudien in Hamburg. Er schreibt: „Die vorgebliche Einigkeit in den Vereinten Nationen verdeckt, dass die große Mehrzahl der Staaten im globalen Süden eine ganz andere Wahrnehmung des Konflikts hat.“ Sie wollen nicht in den Konflikt hineingezogen werden. Plagemann: „Von den zehn bevölkerungsreichsten Staaten der Erde beteiligen sich lediglich die USA an den Sanktionen.“ Selbst große Demokratien wie Brasilien, Mexiko, Indien und Südafrika machen nicht mit. Darauf weist auch Shivshankar Menon in seinem „Foreign-Affairs“-Beitrag „The Fantasy of the Free World“ hin. Der ehemalige Nationale Sicherheitsberater Indiens widerspricht der westlichen These, dass der Krieg eine fundamentale Auseinandersetzung zwischen Demokratien und Autokratien sei. Er schreibt: “In any case, the future of global order will be decided not by wars in Europe but by the contest in Asia, on which events in Ukraine have limited bearing.”
Info:
Den Artikel von Johannes Plagemann gibt es hier:
https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-03/westmaechte-ukraine-krieg-globaler-sueden-sanktionen Und hier der Artikel von Shivshankar Menon: https://www.foreignaffairs.com/articles/india/2022-04-04/fantasy-free-world