Unter den deutschen Sinologen findet derzeit eine wichtige und grundsätzliche Debatte statt. Endlich, muss man sagen. Am 4. März erschien auf der letzten Seite der FAZ ein Beitrag der beiden Professoren Björn Alpermann (Würzburg) und Gunter Schubert (Tübingen). Überschrift: „Gegen das moralische Kreuzrittertum“. Zwei Kreuzritter werden namentlich genannt: Andreas Fulda, ein an der University of Nottingham lehrender Chinaforscher, und Mareike Ohlberg, China-Expertin beim German Marshall Fund in Berlin. Die beiden sitzen – um im Bild zu bleiben – auf hohem Ross, von dem sie auf die anderen Chinawissenschaftler moralisch überlegen herabblicken, weil ihr einseitiges China-Bild des repressiven Staates das einzig richtige sei. Den Vorwurf der beiden Kreuzritter an die Mehrheit der anderen Chinaforscher beschreiben Alpermann und Schubert so: „Aus Naivität, plumpem Opportunismus oder aufgrund von Einschüchterung ignorierten oder verharmlosten sie Menschenrechtsverletzungen in der Volksrepublik und die, angeblich zunehmend erfolgreichen, Bemühungen des KP-Regimes, die deutschen Universitäten zu unterwandern.“ Sie würden also – so die beiden Autoren – suggerieren, dass die deutsche Chinaforschung auf breiter Front in Selbstzensur übe und von außen manipuliert werde. Dieses chinakritische Narrativ führe sogar „zum Generalverdacht, dass alle Chinaforscher bestochen, manipuliert oder eingeschüchtert sind“. Sie verweisen auf einen Artikel Fuldas, in dem er behauptet, dass an deutschen Hochschulen viele chinabezogene Studienprogramme ohne finanzielle Unterstützung aus der Volksrepublik China nicht mehr angeboten werden könnten. Für diese Tatsachenbehauptung fehle aber jeglicher Beleg. Das ist alles starker Tobak, der da von Fulda & Co. behauptet wird und von den ach so kritischen Medien und der Politik (dem Bildungs-Staatssekretär Jens Brandenburg!) bereitwillig aufgegriffen und verbreitet wird. Es war deshalb höchste Zeit, dass sich die deutschen Sinologen diesen moralischen Kreuzrittern in den Weg stellten, denn es geht um ihren persönlichen Ruf und das Ansehen ihrer Wissenschaft. Der Artikel von Alpermann und Schubert – beides keine unkritischen Begleiter des heutigen Chinas – ist deshalb ein wichtiger erster Schritt in einer Debatte um das Selbstverständnis einer Sinologie, deren differenzierende Expertise mehr denn je gefragt ist. Weiter so mit der Dikussion! Gerne auch hier bei CHINAHIRN.
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