WER MACHT EWAS? Deutschland, deine Sinologen (9). Heute: Universität Tübingen

In Deutschland gibt es an vielen Universitäten, aber auch an einigen Fachhochschulen die Möglichkeit Sinologie oder sogenannte Kombi-Studiengänge – meist mit Wirtschaft – zu studieren. Die Unis haben dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Manche lehren vorwiegend das moderne China, manche eher das alte China, die meisten beides. In dieser Serie werde ich die sinologischen Abteilungen an den deutschsprachigen Universitäten und ihre Geschichte, ihre Schwerpunkte und ihre Lehrenden vorstellen. Heute ist die Universität Tübingen dran.

Die Geschichte: Die Sinologie an der traditionsreichen, über 500 Jahre alten Tübinger Uni ist relativ jung. 1964 gründete Werner Eichhorn das Seminar für Ostasiatische Philologie, das aus zwei Abteilungen bestand: Sinologie sowie Japanologie und Koreanistik. Eichhorn war bis 1970 auch Geschäftsführender Direktor des neuen Seminars. Ihm folgten Otto Ladstätter, Tilemann Grimm und dann von 1994 bis 2021 Hans Ulrich Vogel. Vor rund 15 Jahren wurden die ostasiatischen Sprachen in die philosophische Fakultät integriert, wo sie als Fachbereich 2 Teil der Asien-Orient-Wissenschaft sind. Auch räumlich war die Sinologie im Tübinger Uni-Kosmos häufig auf Wanderschaft. Bis heute sind die Sinologen nicht unter einem Dach. Aber das soll sich ändern. Ulrich Theobald, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut, sagt: „Übernächstes Jahr sollen wir zusammen mit dem Asien-Orient-Institut in ein Gebäude kommen.“

Die Lehrenden: Die Sinologie in Tübingen hat inzwischen drei Stammprofessuren. Zwei haben ihre Schwerpunkte in jeweils verschiedenen Epochen. Die Vormoderne deckt Huang Fei ab. Sie ist die Nachfolgerin von Hans Ulrich Vogel, nachdem sie zuvor Junior-Professorin war.  Das moderne China ist der Schwerpunkt von Gunter Schubert, der seit 2003 Professor in Tübingen ist. Er hat den Lehrstuhl für Greater China Studies. Schubert ist auch Direktor des European Research Center on Contemporary Taiwan (ERCCT), das er 2008 mitgründete. Epochenübergreifend lehrt und forscht seit 2005 Achim Mittag Sprache, Literatur und Philosophie Chinas. Mit diesem Personal-Tableau hat sich auch eine thematische Schwerpunkt-Verlagerung ergeben. In den 90er Jahren gab es zwei Lehrstühle, die sich fast ausschließlich mit der Vormoderne beschäftigten. Diese ist nun etwas zurückgedrängt. Theobald sagt: „Das moderne China hat sich ausgedehnt, einerseits aufgrund der personellen Struktur, andererseits aufgrund der Nachfrage der Studierenden.“

Das Studium: Die Sinologie in Tübingen bietet drei Bachelor-Studiengänge an. Einen Nebenfach- und zwei Hauptfachstudiengänge. Die beiden Hauptfachstudiengänge unterscheiden sich in der Länge. Der eine dauert drei Jahre, der andere vier Jahre. Das vierjährige Studium (das rund zwei Drittel der Studierenden wählen) beinhaltet zwei Berufspraktika (im sechsten Semester), eines davon muss in China gemacht werden. Keine andere Sinologie an deutschen Universitäten hat solche Pflichtpraktika im Programm. Theobald sieht dies denn auch als einen von zwei Vorteilen eines Sinologie-Studiums in Tübingen. Der andere Vorteil: „Unser umfangreiches Sprachprogramm.“  Bundesweit – so Theobald – habe Tübingen allein von der Menge her den meisten Sprachunterricht. Weitere Besonderheit: Es werden Lang- und Kurzzeichen gelehrt und gelernt. Pflicht ist auch im 5. Semester eine Sprachausbildung in Beijing. Diese muss am European Centre for Chinese Studies an der Peking Universität (Beida) erfolgen. 

Theobald weist zudem auf ein „hervorragendes Betreuungsverhältnis“ im Sprachunterricht hin. In den ersten zwei Semestern seien die Gruppen nicht größer als 20 Studenten. Neben den drei Bachelor-Studiengängen gibt es seit 2013 auch einen Lehramtsstudiengang für Chinesisch. Da hat Tübingen eine Pionierrolle. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass die Sinologie auch zwei Master-Studiengänge mit dem Schwerpunkt China in der Globalisierung bzw. Politik und Gesellschaft in Ostasien anbietet.

Info:

Hier die Homepage der Sinologie in Tübingen: https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/philosophische-fakultaet/fachbereiche/asien-orient-wissenschaften/sinologie/abteilung-fuer-sinologie/

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