MEINUNGSMACHER I Matthias Sander, NZZ-Korrespondent in Shenzhen

Es war eine lange, fast zweijährige Anreise, bis er letztendlich da landete, wo er hinwollte und wo ich ihn jetzt zu einem Zoom-Gespräch treffe: in Shenzhen. Dort ist Matthias Sander seit September 2021 Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ). Kein anderes deutschsprachiges Medium hat einen Vertreter in der chinesischen Tech-Metropole gegenüber von Hongkong. Es war auch nicht von Anfang klar, dass Sander in Shenzhen stationiert sein wird. Es war nur klar, dass die NZZ die neue Stelle eines Technologie-Korrespondenten in China schaffen wird und Sander, der seit 2014 bei der NZZ ist, nach einem Auswahlverfahren diesen Job bekommt. Sander schaute sich daraufhin im Schnelldurchlauf die drei Städte Beijing, Shanghai und Shenzhen an. Zurück in Zürich „habe ich dann aus verschiedenen Gründen intern für Shenzhen plädiert“, sagt Sander, „weil es die Tech-Metropole ist, weil dort für China in ungewöhnlichem Maße Innovation betrieben wird und weil es einfach ein spannendes Experiment ist, eine Stadt so schnell so hochzuziehen.“ Sanders Plädoyer für Shenzhen überzeugte die Chefredaktion. Ende 2019 bekam er das Go – und er flog im Januar 2020 nach Taipeh für einen einmonatigen Sprachkurs. Und dann kam Corona und aus dem einen Monat in Taipeh wurden mehrere. Insgesamt verbrachte Sander ein Jahr in Taipeh. Zwischendurch war er mal für drei Monate in Südkorea. Die Zwangsaufenthalte auf Taiwan und Korea betrachtet er im Nachhinein als „Glücksgriff“. Denn so lernte er die zwei anderen asiatischen High-Tech-Nationen kennen, bevor er in die chinesische Tech-Metropole Shenzhen konnte. Im September 2021 durfte er endlich nach China einreisen. Mit dem AHK-Flieger ging es zuerst nach Qingdao in die Quarantäne. Mit auf dem Flug war sein Kollege Matthias Kamp, der für die NZZ aus Beijing berichtet und dort die Nachfolge von Matthias Müller (jetzt Jakarta) antrat. Die Aufgabenverteilung der beiden NZZ-Korrespondenten ist auf dem Papier klar verteilt: „Matthias Kamp macht Politik und Wirtschaft, ich Technologie“, sagt Sander, um gleich einzuräumen: „Da gibt es Überlappungen noch und nöcher.“ Wer macht zum Beispiel Alibaba? „Das mache prinzipiell ich, aber je nach genauem Thema kann das auch mal Matthias Kamp machen, da sprechen wir uns natürlich ab.“, erklärt Sander, der in Stuttgart und Bordeaux deutsch-französische Sozialwissenschaften studiert hat und vor seiner NZZ-Zeit beim Weser-Kurier in Bremen gearbeitet hat. Fast ein halbes Jahr ist Sander nun in Shenzhen. Er wohnt in einer kleinen Wohnung in Shekou im Osten der Riesenstadt, die er immer noch erkundet. Seine ersten Eindrücke: „Hier gibt es sehr viele junge aufgeschlossene Chinesen, die hier ihr Glück und ihren Traumjob suchen. Die Leute hier sind besonders umtriebig und haben Unternehmergeist. Das ist schon beeindruckend.“ Weniger beeindruckend sind die – wie er es nennt – “Überwachungskamera-Bäume“. Das sind Masten mit mehreren Kameras an der Spitze. Alle paar Meter stehen sie, auch in Parks und an der schönen Uferpromenade. „Das ist ziemlich beängstigend“, sagt Sander. Am Wochenende darf er dort auch nicht mit dem Fahrrad entlangfahren. So muss er auf andere sportliche Aktivitäten ausweichen. Er spielt Fußball und geht Segeln.

Info:

Hier die NZZ-Artikel von Matthias Sander (die deutschen sind hinter der Bezahlschranken, die englischen aber frei): https://www.nzz.ch/impressum/matthias-sander-ld.1287966

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