Liebe Leserinnen, liebe Leser

Meine ersten Olympischen Spiele erlebte ich 1964 – im heimischen Wohnzimmer. Just für dieses Ereignis – das Wort Event gab es damals im Deutschen noch nicht – hatten wir zu Hause den ersten Fernseher angeschafft. Ich glaube, es war ein Grundig für verdammt viel Geld. 1964 fanden die Spiele in Tokio statt. Japan war damals eine aufstrebende Wirtschaftsmacht. Die Spiele sollten der Welt diesen friedlichen Aufstieg des einst aggressiven Landes dokumentieren. Das war acht Jahre später in München nicht anders. Damals präsentierte sich das neue weltoffene, geläuterte (West-) Deutschland. Und 1988 demonstrierte Südkorea mit den Spielen in Seoul, dass es auf bestem Wege von einer Diktatur in eine Demokratie war. Insgeheim hofften manche (oder waren es viele?) im Westen, dass die Spiele 2008 in Beijing auch so ein politischer Wendepunkt sein könnten. Damals glaubte man noch bis in höchste politische Kreise an das wundersame Motto „Wandel durch Handel“. Es wurde ja viel mit der neuen Wirtschaftsmacht China gehandelt. Und es gab auch zaghafte Ansätze eines Wandels. Im Vorfeld der Beijinger Spiele 2008 waren einige Lockerungen – gerade auch für die Medien – zu verspüren. Doch viele Freiheiten wurden in den Folgejahren sukzessive kassiert. Das Motto „Wandel durch Handel“ verschwand in der Mottenkiste. Handel und Wandel gingen fortan getrennte Wege und zudem noch in verschiedene Richtungen. So finden die Spiele 2022 in einem völlig anderen Umfeld als 2008 statt. Heute präsentiert sich China als eine selbstbewusste und autoritäre Weltmacht, die mächtig stolz auf das bislang Erreichte ist. Wie Tokio, wie München, wie Seoul demonstriert sie mit den Olympischen Spielen ihre neue Stärke. Mit einem Unterschied: Wenn das ein nicht-demokratisches Land tut, ist es natürlich Propaganda. Mein Fernseher ist übrigens kaputt. Ich werde mir keinen neuen kaufen. Jedenfalls nicht wegen Olympia. Aber das bitte nicht als Boykott interpretieren. Ich werde mir die Eistanz-Pirouetten, die Tänze durch die Slalomstangen, die Freestyler-Sprünge und die Tore des deutschen Eishockeyteams auf dem Laptop anschauen. Ich bin ja Sportfan – wie Annalena Baerbock. Ob die diplomatische Boykotteurin auch guckt? In ihrem Büro soll ein TV-Gerät stehen.

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Kurz nach Olympia findet eine weitere wichtige Veranstaltung statt, allerdings zum ersten Mal: CHINA STRATEGIE 2022. Am 22. Februar werden zwischen 10 und 12 Uhr mehr als 20 Experten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft in kurzen Live-Briefings über ihre Erwartungen an das Jahr 2022 reden. Die Online-Veranstaltung, zu deren Co-Sponsoren CHINAHIRN zählt, ist kostenfrei. Zur Anmeldung geht es hier:  https://us02web.zoom.us/meeting/register/tZYpd-GqqDMjHtV2pVjAsXWXHADa-nW8OCqd

Wolfgang Hirn

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