CHINAHIRN liest…

Die lange Reise des Yong Sheng von Dai Sijie. Vor über 20 Jahren schrieb Dai Sijie mit „Balzac und die kleine chinesische Schneiderin“ einen Welt-Bestseller. Darin verarbeitete er seine Erfahrungen in der Kulturrevolution. Nun hat Dai wieder ein Werk mit autobiographischen Bezügen geschrieben. Inspiriert von der Geschichte seines Großvaters beschreibt er das Leben des Yong Sheng. Dazu reiste Dai, der seit 1984 im Pariser Exil lebt, 2012 nochmals zur Recherche nach China. Er lässt Yong Sheng etwas später leben als sein Großvater, nämlich von 1911 bis 2001, also von der Gründung der ersten Republik bis in die Moderne. Damit deckt er dieses für China sehr wechselhafte Jahrhundert mit all seinen guten wie schlechten Zeiten ab. Es ist kein Geschichtsbuch, sondern ein Geschichtenbuch. Geschrieben in einer schwer zu beschreibenden, aber leicht zu lesenden Sprache. Sie ist bildhaft, einfühlsam, manchmal brutal, manchmal ironisch-komisch. Zum Beispiel diese Szene: Die kommunistischen Peiniger fragen Yong Sheng, den sicher von ausländischen Mächten finanzierten Pastor nach seinen Hintermännern, und er stammelt die Namen der zwölf Apostel. Diese waren den Inquisitoren nicht geläufig. Sie vermuteten „reaktionäre Decknamen“. Einfach köstlich – wie das ganze Werk. Wie gesagt: Kein Geschichtsbuch, aber ein Buch, das ein solches ersetzt und dabei noch Lesespaß bietet..

Info:

Dai Sijie: Die lange Reise des Yong Sheng, Piper Verlag, 432 Seiten, 24 Euro. Seinen Bestseller „Balzac und die kleine chinesische Schneiderin“ gibt es weiterhin bei Piper als Taschenbuch für 10 Euro.

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