WER MACHT WAS I Deutschland, deine Sinologen (5). Heute: LMU München

In Deutschland gibt es an vielen Universitäten, aber auch an einigen Fachhochschulen die Möglichkeit Sinologie oder sogenannte Kombi-Studiengänge – meist mit Wirtschaft – zu studieren. Die Unis haben dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Manche lehren vorwiegend das moderne China, manche eher das alte China, die meisten beides. In dieser Serie werde ich die sinologischen Abteilungen an den deutschsprachigen Universitäten und ihre Geschichte, ihre Schwerpunkte und ihre Lehrenden vorstellen. Heute ist die Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) dran.

Die Geschichte: Die Sinologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) hat eine über 80jährige Tradition. Schon 1939 wurde ein eigener Lehrstuhl bewilligt, aber erst 1946 mit Erich Haenisch besetzt. Sein Nachfolger wurde 1952 der legendäre Herbert Franke, einer der großen deutschen Sinologen, der das Institut bis 1979 entscheidend prägte. Den zweiten Lehrstuhl bekam dann später Wolfgang Bauer (1966-1997), ebenfalls ein sehr bedeutender Vertreter seines Fachs. In den Folgejahren lehrten unter anderem Helwig Schmidt-Glintzer und Thomas O. Höllmann. Seit Jahren ist Hans van Ess (59) die prägende Figur. Er betont: „München galt immer als Hort der klassischen Sinologie.“ Und dort hatte man immer auch traditionell einen Blick auf die „Nachbarfächer“ Mongolistik und Mandschuristik. Mit dieser Fokussierung auf das alte China hat die LMU fast ein Alleinstellungsmerkmal. Nur die Uni Hamburg ist ähnlich spezialisiert.  

Die Lehrenden: Drei Lehrstühle hat das Institut für Sinologie an der LMU.  Am längsten, nämlich seit 1998, hat Hans van Ess eine Professur. Sein Spezialgebiet sind chinesische Geschichtsschreibung und Philosophie und da insbesondere der Konfuzianismus. Er lehrt aber auch Mongolistik. Van Ess wird derzeit von Maria Khayutina vertreten, denn van Ess ist einer der Vizepräsidenten der LMU und kann deshalb nur zu einem Drittel am Institut tätig sein. Seit 2018 hat Armin Selbitschka (49) eine Professur für alte chinesische Geschichte und Archäologie. Selbitschka, der in München über ein Thema zur Archäologie Xinjiangs promoviert wurde, wechselte nach einem längeren Aufenthalt in Stanford auf eine Professur an der New York University Shanghai. Den dritten Lehrstuhl hatte mit Roderich Ptak ein Spezialist für das maritime China inne. Ptak aber ist im Herbst 2021 in den Ruhestand gegangen. Seine Nachfolge wird zum 1. Januar 2022  der Kanadier Max Oidtmann antreten. Er hat ein Jahr in Urumqi (Xinjiang) studiert und verstärkt somit auch die die zentralasiatische Kompetenz.  Seine Forschungsinteressen gelten unter anderem den historischen und aktuellen Verbindungen zwischen der Zentralregierung in Peking und den autonomen Provinzen Tibet und Xinjiang.

Das Studium: Die LMU bietet sowohl einen Bachelor- als auch einen Masterstudiengang an. Beim Bachelor unterscheide sich das Studium nicht so sehr von anderen Unis, sagt van Ess. Beim Master sehe es hingegen anders aus. Da wird nach wie vor sehr stark der Fokus auf das alte China gelegt. Im Masterstudium befinden sich deshalb auch viele Studenten, die eher die wissenschaftliche Laufbahn einschlagen wollen. Viele Bachelor-Absolventen, die diesen Weg nicht gehen wollen, wechseln an andere Unis oder machen den Master in einem anderen Fach. Während des Bachelor-Studiums wird ein Auslandssemester gewünscht. Die meisten Studenten absolvieren ein solches nach dem 4. Semester. „Wir haben inzwischen eine Vielzahl von Partnerunis in China und Taiwan“, erläutert van Ess. Interessant ist, dass die Sinologie an der LMU im Vergleich zu anderen Unis in den vergangenen Jahren „keinen großen Einbruch“ (van Ess) bei der Zahl der Studienanfänger erlebt hat. Rund 200 Studenten haben derzeit Sinologie als Hauptfach. Van Ess führt das auf drei Faktoren zurück: Erstens auf das große Einzugsgebiet Oberbayerns, zweitens auf das gute Renommee der LMU und drittens auf die Tatsache, dass die LMU keine Koreanistik anbietet. Denn überall dort, wo Koreanistik angeboten wird, ziehen – das ist eine Entwicklung der vergangenen Jahre – Asien-affine Studenten dieses Fach der Sinologie vor. Korea wird eben positiver gesehen als China.

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