WER MACHT WAS? I Deutschland, deine Sinologen (3). Heute: Universität Leipzig

In Deutschland gibt es an vielen Universitäten, aber auch an einigen Fachhochschulen die Möglichkeit Sinologie oder sogenannte Kombi-Studiengänge – meist mit Wirtschaft – zu studieren. Die Unis haben dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Manche lehren vorwiegend das moderne China, manche eher das alte China, die meisten beides. In dieser Serie werde ich die sinologischen Abteilungen an den deutschsprachigen Universitäten und ihre Geschichte, ihre Schwerpunkte und ihre Lehrenden vorstellen. Heute ist die Universität Leipzig dran.

Die Geschichte: Die 1409 gegründete Universität Leipzig ist die zweitälteste Universität Deutschlands. Im Fach Sinologie war die Hochschule sogar die erste. 1878 berief sie Hans Georg Conon von Gabelentz als ersten sinologischen Professor. Sein Nachfolger August Conrady begründetet 1914 das Ostasiatische Seminar und wurde 1922 ordentlicher Professor. Ende der 60er Jahre kam das vorübergehende Aus der Sinologie in Leipzig. Die DDR-Behörden konzentrierten die Asienwissenschaften an der Berliner Humboldt-Universität. Aber bereits 1984 wurde wieder ein Lehrstuhl für Sinologie eingerichtet, damals besetzt von Ralf Moritz. 1992 kam ein zweiter Lehrstuhl hinzu, den Rainer von Franz innehatte. 1993 wurde dann das Ostasiatische Institut neu gegründet. Hat diese lange Geschichte heute noch Relevanz? Professor Philip Clart antwortet: „Die Studierenden interessiert das eher nicht. Aber wir benutzen das gerne als Aushängeschild gegenüber den Kollegen als innerdisziplinäre PR sozusagen.“

Die Lehrenden: Professor Philip Clart hat seit 2008 den Lehrstuhl für Geschichte und Kultur Chinas. Professor Elisabeth Kaske seit 2017 den für Gesellschaft und Kultur des modernen China. Wo ist die Trennungslinie, wann beginnt in Leipzig Chinas Moderne? Kaske: „Ich fange um 1800 an.“ Ihr Schwerpunkt liege aber in dem Jahrhundert zwischen 1850 und 1950. Kaske („Ich definiere mich als Sozialhistorikerin“) will aber künftig auch die 50er Jahre (Maoismus) in ihre Forschung miteinbeziehen. In der Lehre deckt sie Chinas Entwicklung bis in die Gegenwart ab. Derzeit hat sie allerdings ein einjähriges Stipendium Opus Magnum der Volkswagen Stiftung, das ihr ermöglicht, ihr Buch „Twilight of the Mandarins: Office Selling and the End of Imperial China“ fertig zu schreiben. In dieser Zeit wird sie von Professor Ines Eben von Racknitz vertreten, die früher in Leipzig studiert hat und eigentlich an der Nanjing University lehrt. Sie sagt über ihre Vertretung Kaskes: „Meine Forschungsinteressen liegen in der gleichen Epoche, haben aber einen kultur- und globalhistorischen Schwerpunkt..“ Auch Philip Clart, dessen Schwerpunkt auf den Religionen Chinas liegt, hat derzeit ein Forschungssemester, das er in Cambridge verbringt.  Aber sowohl Clart als auch Kaske betonen, dass sie trotz ihrer Freisemester weiterhin Studenten und Doktoranden betreuen.

Das Studium: Es wird sowohl ein Bachelor- als auch ein Master-Studiengang angeboten. Warum in Leipzig Sinologie studieren? Clart nennt zunächst nichtfachliche Gründe. „Viele unserer Studenten kommen aus der Region. Wir sind die einzige Sinologie in Mitteldeutschland.“ Außerdem sei Leipzig günstig und attraktiv. Kaske ergänzt: „Und wir haben keinen Numerus Clausus.“ Wer sich für Leipzig entscheidet, bekommt eine „sehr gründliche sinologische Ausbildung“ (Kaske), in der weiterhin klassisches Chinesisch gelehrt wird. Kaske: „Klassisches Chinesisch ist keine tote Sprache. Es ist Teil der modernen Sprache.“ Das Niveau der Sprachausbildung ist in Leipzig hoch. Clart, der in den 80er Jahren in Bonn Sinologie studierte, vergleicht: „Ich war nach drei Jahren nicht so weit wie unsere Studierenden.“ In der Regel seien die Studenten nach 3 Jahren auf HSK-5-Niveau. Dazu trägt auch bei, dass das 5. Semester an einer chinesischsprachigen Uni erfolgen soll. In der Regel bekommen alle Studenten hierfür ein Stipendium. Für Clart ist der klassische Bachelor-Studiengang in Leipzig eine Grundqualifizierung. Die Spezialisierung erfolge dann im Master-Studiengang. Viele verlassen nach dem Bachelor Leipzig und gehen an die großen Sinologie-Institute wie Berlin oder Bochum. Oder sie setzen ihr Master-Studium in einem anderen Fach – Geschichte, Politik oder Wirtschaft – fort. Die Leipziger Sinologie bietet zudem einen eigenen englischsprachigen Masterstudiengang an, der international rekrutiert und dessen Schwerpunkte in den Bereichen der Sozial- und Kulturgeschichte Chinas liegen.

Info:

Die Webseite der Sinologie an der Universität Leipzig lautet: https://www.gkr.uni-leipzig.de/ostasiatisches-institut/sinologie/

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