POLITIK I Der Koalitionsvertrag und China

178 Seiten umfasst der Wunschkatalog, sorry: Koalitionsvertrag. Erst gegen Ende des umfangreichen Werkes findet sich – wie nach den Sondierungs- und Koalitionsgesprächen fast nicht anders zu erwarten war – das Kapitel über die Außenpolitik: „Deutschlands Verantwortung für Europa und die Welt“ (S. 134ff). Darin steht zunächst Europa im Mittelpunkt. Es wird Grundsätzliches formuliert: „Unsere Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik werden wir wertebasiert und europäischer aufstellen.“ Da findet sich die grüne Handschrift wieder. Annalena Baerbock redete schon den ganzen Wahlkampf über von einer werteorientierten Außenpolitik. Schon in der Präambel wird dieser Ansatz unterstrichen: „Im internationalen Systemwettstreit gilt es, unsere Werte entschlossen mit demokratischen Partnern zu verteidigen.“ Gefordert wird „eine souveräne EU als starker Akteur“, der künftig international
handlungsfähiger und einiger auftreten soll. Deshalb soll die Einstimmigkeitsregel bei außenpolitischen Fragen im Rat durch eine qualifizierte Mehrheit ersetzt werden. Ab Seite 153 werden dann „bilaterale und regionale Beziehungen“ angesprochen. An erster Stelle steht natürlich die transatlantische Partnerschaft. Die Freundschaft mit den USA sei ein zentraler Pfeiler unseres internationalen Handelns, heißt es dort. Dann wird das Verhältnis zu anderen Staaten und Regionen erläutert, angefangen von Großbritannien bis zur Sahel-Zone. Und dann kommt endlich China (S. 157f). Erster Satz: „Wir wollen und müssen unsere Beziehungen mit China in den Dimensionen Partnerschaft, Wettbewerb und Systemrivalität gestalten.“ Der berühmte Dreiklang, der seit fast drei Jahren in keinem Strategiepapier des Westens fehlen darf.  Neu ist dagegen folgende Erkenntnis: „Um in der systemischen Rivalität mit China unsere Werte und Interessen verwirklichen zu können, brauchen wir eine umfassende China-Strategie in Deutschland im Rahmen der gemeinsamen EU-China Politik.“ Neu sind auch in einem Koalitionsvertrag Aussagen zu Taiwan, Xinjiang und Hongkong. Zu Taiwan heißt es: „Eine Veränderung des Status Quo in der Straße von Taiwan darf nur friedlich und im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen. Im Rahmen der Ein-China-Politik der EU unterstützen wir die sachbezogene Teilnahme des demokratischen Taiwan in internationalen Organisationen.“ Zu Xinjiang: „Wir thematisieren klar Chinas Menschenrechtsverletzungen, besonders in Xinjiang.“ Und zu Hongkong: „Dem Prinzip „Ein Land – zwei Systeme“ in Hong Kong muss wieder Geltung verschafft werden. Interessant sind noch zwei weitere Sätze zu China, die an anderen Stellen im Vertrag stehen: „Eine Ratifikation des EU-China-Investitionsabkommens im EU-Rat kann aus verschiedenen Gründen zurzeit nicht stattfinden“ (Seite 35). Und sehr positiv: „Asien- und China-Kompetenz wollen wir deutlich ausbauen“ (Seite 24). Vielleicht fangen sie damit gleich in der Regierung an.

Info:

Den Koalitionsvertrag gibt es hier in voller Länge:

https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf

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