SPORT I Trauerspiele im Fußball

Fabio Cannavaro (48) war der bestbezahlte Fußballtrainer der Welt. Wie viele Millionen er jedes Jahr bekam, ist nicht bekannt. Aber man kann es erahnen, denn in einem Interview mit Tencent Sports plauderte der italienische Weltmeister von 2006 aus, dass er auf 27,9 Millionen Dollar verzichte, weil er 15 Monate vor Vertragsende seinen Trainerposten bei Guangzhou FC verlasse. Guangzhou FC hieß bis vor kurzem Guangzhou Evergrande. Evergrande? Das ist doch dieser in schwere Schieflage geratene Immobilienkonzern?  Genau. Er war jahrelang Sponsor und Namensgeber des Klubs in Guangzhou, der die China Super League (CSL) phasenweise dominierte, weil er vor allem teure Spieler und Trainer aus aller Welt engagierte – Marcello Lippi zum Beispiel, aber eben auch Fabio Cannavaro. Angeblich sollen ihn nicht Evergrandes finanzielle Probleme zum Rückzug aus China bewogen haben, sondern private Gründe. Er habe aufgrund der strikten Corona-Bestimmungen seine in Italien beheimatete Familie seit 19 Monaten nicht mehr gesehen, erklärte Cannavaro. In dem Interview mit Tencent Sports zieht er eine ernüchternde Bilanz des chinesischen Profifußballs. Cannavaro, der seit 2014 mehrere Clubs in der CSL betreut hatte, sagt: „The CSL was seen as an attractive, quality league in 2017-18.” Aber dann habe sich die Lage verändert. “Clubs were requested to send more young (Chinese) players to the field. Some of these youngsters were not good enough to play in the CSL.” Und die Vorschriften seien danach noch restriktiver geworden, beklagt Cannavaro. Das Niveau der CSL stagniert. Das wirkt sich auch auf die chinesische Nationalmannschaft aus. Sie wird sich wohl wieder nicht für die Weltmeisterschaft 2022 in Qatar qualifizieren. Ironie: in den vergangenen zwei Monaten hat sich das Team unter dem neuen Trainer Li Tie eben dort aufgehalten. Denn wegen Corona können keine Qualifikationsspiele in China stattfinden. Deshalb trägt China seine „Heimspiele“ in Qatar aus. Die fehlende Fan-Unterstützung ist sicher ein Grund, warum China in der Gruppe B der Asienzone bislang nur ein Sieg eingefahren hat – 3:2 gegen Vietnam. Das Siegtor fiel dabei erst in der 95. Minute. Ansonsten gab es Niederlagen gegen Australien, Japan und Saudi-Arabien. China ist damit Vorletzter in der Gruppe. Am 11. November ist das nächste Spiel gegen den Oman. Sollte auch das verloren werden, kann China die WM abhaken. Europa kann sich freuen: Im Fußball ist China weder Wettbewerber noch Rivale.

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