POLITIK I Neuer Premier in Japan

Das ist kein Jubiläum, auf das man stolz sein kann. Fumio Kishida (64) ist gerade zum 100. Premierminister Japans gewählt worden, nicht von der Bevölkerung, sondern von der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP). Kein demokratisches Land hat häufiger den Regierungschef getauscht als Japan. Immerhin geschah der Wechsel meist in der gleichen Partei – der LDP, die seit Jahrzehnten das Land regiert. Am 31. Oktober sind Parlamentswahlen, bei denen die LDP und damit auch Kishida mit Sicherheit bestätigt werden. Er tritt sein Amt in schwierigen Zeiten an. Die Spannungen rund um die japanischen Inseln nehmen zu. Stichworte sind Taiwan und das Südchinesische Meer. Dazu kommt der bilaterale Dauerkonflikt mit China um die Diaoyu-/Senkaku-Inseln. Positiv ist, dass Kishida ein erfahrener Außenpolitiker ist. Er war unter Shinzo Abe mehr als vier Jahre Außenminister. Damals hatte er „a moderate approach to diplomacy with Beijing“, schreibt Elli-Katharina Pohlkamp (ECFR) in einer Analyse. Aber im parteiinternen Wahlkampf um die Führerschaft der LDP habe er eine etwas aggressivere Haltung gegenüber China eingenommen. In seiner ersten Rede vor dem Parlament am 8. Oktober gab er sich staatsmännisch: „Establishing a stable relationship with China is important not only for the two countries but also for the region and the international community.” Er fügte jedoch an die Adresse Beijings hinzu: “When necessary Japan will speak up against China´s unilateral and coercive activity in the region, while cooperating with other like-minded democracies.” Da sind natürlich in erster Linie die USA gemeint. Deshalb telefonierte Kishida – kaum im Amt – mit Joe Biden. Der versicherte ihm Beistand im Konflikt um die Senkaku-Inseln. Kurze Zeit später telefonierte Kishida mit Xi Jinping. Dort schlug er versöhnliche Töne an und sprach von der „opportunity to build constructive and stable relations.“ Nächstes Jahr werden 50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen beiden Ländern gefeiert. Japan-Expertin Pohlkamp rechnet deshalb damit, dass Japan unter Kishida „should maintain its good economic relationship with China.“ Aber er wird – das deutet sich bereits an – etwas andere, neue Akzente in der China-Politik setzen. Zum ersten Mal gibt es ein Ministerium für wirtschaftliche Sicherheit, wo Themen wie Cybersecurity und Industriespionage behandelt werden. Minister wird Takayuki Kobayashi (48). Daneben plant Kishida einen Sonderberater für Menschenrechte, der direkt dem Premierminister berichtet. Beide neue Stellen haben natürlich mit China zu tun. Interessant wird sein, wie Kishida künftig Japan militärisch positioniert. Er hat schon angekündigt, die nationale Sicherheitsstrategie zu überarbeiten. In der Parlamentsrede sagte er: „Japan should increase prepardness for growing regional threats.” Vergangene Woche wurde er dann konkreter. Der Anteil der Militärausgaben am Bruttoinlandsprodukt soll von rund einem auf zwei Prozent erhöht werden. Das macht in Summe 100 Milliarden Dollar mehr. Das Aufrüsten im Indo-Pazifik wird also weitergehen.

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