OLD CHINA HANDS I Volker Häring, Buchautor und Reiseveranstalter

China Hands wurden im 19. Jahrhundert die wenigen Ausländer genannt, die sich in China auskannten, dessen Sprache und Kultur verstanden- oder zumindest so taten. Später wurden daraus Old China Hands, Leute mit 20 oder von mehr Jahren Erfahrung im Reich der Mitte. Es gibt aber auch zunehmend junge Leute, die sich intensiv mit China beschäftigen, die aber oft nicht zu Wort kommen. Deshalb werde ich neben Old China Hands auch Young China Hands vorstellen – auch wenn Letzteres per definitionem ein Widerspruch ist. Heute wird eine Old China Hand vorgestellt: Volker Häring (52).

Mit dem Fahrrad von Athen nach Beijing? Wer ist denn so verrückt? Immerhin 16 Leute. Sie machten sich 2008 auf den Weg, um von der Olympiastadt 2004 in die Olympiastadt 2008 zu strampeln. 175 Tage waren sie unterwegs. Die Tortour, die die Teilnehmer 14 950 Euro kostete, organisierte Volker Häring, Inhaber des Berliner Reiseveranstalters China by Bike. Später organisierte er noch Mammut-Touren von Berlin nach Beijing und von Hongkong nach London. Häring ist ein verrückter (varreckta) Hund – so würde man ihn anerkennend in Bayern nennen.

Volker Häring wuchs in Weiden in der Oberpfalz auf, spricht Hochdeutsch, ist evangelisch und damit ein Outlaw in der bayerischen Provinz. In seiner Jugend las er Huxley, der ein Faible für Daoismus und Buddhismus hatte. Und als in der Berufsberatung das Wort Sinologie fiel, war für Häring klar: Das studiere ich. Nur wo? Tübingen oder Berlin. Die Großeltern wohnten in Berlin. Also Berlin. Noch vor Studienbeginn brach er 1990 zu seiner ersten China-Reise auf. Sprachkurs in Hangzhou, dann mit dem Bus durch China. Sein Fazit danach: „Es war für mich klar: Ich kam mit der Sprache zurecht.“ Das Grundstudium an der FU Berlin zog er zügig durch. Es folgte ein DAAD-Stipendium. Zwei Jahre in Beijing. Erstes Jahr nur Sprache, sechs Stunden jeden Tag. Im zweiten Jahr war er dann am Theaterinstitut. „Ich

habe mir jedes Theater angeschaut, auch Faust auf Chinesisch.“ Aber noch wichtiger sei das Drumherum gewesen. „Das war damals eine wilde Zeit“, erinnert sich Häring an die Mitte der 90er Jahre im sich öffnenden China. Eine Künstlerkolonie entstand in der Nähe des alten Sommerpalastes, die ersten Rockbands tauchten aus dem Untergrund auf. Kaum zurück in Berlin traf er im September 1995 in einer Kneipe Christof Gebhardt, auch Sinologe mit Hang zum Abenteuertum. Er plane für Oktober eine Radtour durch Guilin, sagte Gebhardt. Nach einer Runde Billard sagte Häring zu. „Das war die Geburtsstunde von China by Bike.“ Aber es dauerte noch ein paar Jahre, bis die beiden dann 2001 China by Bike gründeten. In der Zwischenzeit organisierten sie Radtouren für Biss Reisen. Und Häring machte alle Scheine in Sinologie, aber die Magisterarbeit schrieb er nicht mehr. „Das Bike war stärker“, sagt Häring. Seitdem haben er und Gebhardt viele Touren nicht nur in China organisiert. Viele Strecken ist Häring mitgefahren. Sein individueller Tacho-Stand: 50 000 Kilometer in China, 30 000 Kilometer in Südostasien. Dabei gab es nicht nur geographisch Höhen und Tiefen. 2003 schockte sie SARS, 2020 dann Corona. Um die Krisen im Tourismusgeschäft zu mildern fing Häring schon früh an zu schreiben – Artikel und Reisebücher, manche zusammen mit Françoise Hauser.  Zuletzt veröffentlichte er sogar einen Krimi: „Beijing Baby“. Und nebenbei tritt er mit ein paar Alt-Sinologen in der Rockband „Alptraum der Roten Kammer“ auf, die unter anderem westliche Songs (von BAP bis Beatles) auf Chinesisch interpretiert.

Jetzt ist gerade wieder eine Phase, wo die Räder wegen Corona stillstehen. Dabei hatte Häring wieder einmal eine irre Idee. Er wollte zusammen mit dem in Beijing lebenden Bestseller-Autor Christian Y. Schmidt den Langen Marsch der Mao-Truppe mit dem Rad nachfahren und darüber gemeinsam mit ihm ein Buch schreiben. Der Vertrag mit dem Ullstein-Verlag war schon unterschrieben, der Start war für April 2020 geplant. Und dann kam Corona. Doch Häring ist und bleibt Optimist: „Wir werden diese Fahrt nachholen.“

Info:

Die Webseite von Volker Härings Reiseunternehmen gibt es hier: https://china-by-bike.de/ Die geplante Radtour entlang der Strecke des Langen Marsches hat auch eine eigene Seite:

https://www.facebook.com/derlangemarsch/ Und wer sich für Härings Rockband „Alptraum der Roten Kammer“ interessiert, wird hier fündig: www.china-rock.de

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