WIRTSCHAFT I Die Größenwahnsinnigen

Ein bis dato im Ausland ziemlich unbekanntes chinesisches Unternehmen hält derzeit die globale Finanzwelt in Atem: der Immobilienkonzern Evergrande. Schon werden Vergleiche mit der fallierten Investmentbank Lehman Brothers anno 2008 angestellt, deren Zusammenbruch damals die globale Finanzkrise ausgelöst hat. Soweit wird es – Stand heute – nicht kommen. Der chinesische Staat wird den Konzern wohl rauspauken. Er wird deshalb überleben, aber nicht dessen Chef und Gründer Xu Jiayin (62).  

Xu ist eine schillernde Figur und nicht der erste Größenwahnsinnige in diesem chinesischen Casino-Kapitalismus. Ich erinnere nur an die Unternehmen Anbang, HNA und Wanda. Deren Gründer drehten alle in den Jahren zwischen 2015 und 2017 ein großes Rad, expandierten weltweit, kauften ohne Sinn und Verstand Unternehmen, häuften dadurch gigantische Schulden an, ehe sie im Gefängnis oder zumindest von der Bildfläche verschwanden. Soeben wurde bekannt, dass der HNA-Gründer Chen Feng verhaftet wurde. Schon damals wunderte ich mich, warum Beijings Führung viel zu lange dem Treiben dieser Herren zugesehen hat, wo doch jeder selbst mit ökonomischem Halbwissen begriffen hat, dass dan an einem Riesenrad gedreht wurde. Und die gleiche Frage stelle ich mir wieder im Falle Evergrande und Xu Jiayin. Warum sahen die Behörden und die Politiker tatenlos zu, wie Xu einen gigantischen Schuldenberg von über 300 Milliarden Dollar anhäufte? Unkenntnis kann es nicht gewesen sein. Über die (staatlichen) Banken wussten sie stets über den Kontostand von Xu und seinem Unternehmen Bescheid. Und man wusste in China, was Xu für ein Hallodri ist und war. Es lohnt sich ein kurzer Blick zurück: Wir schreiben das Jahr 2008, das Jahr der globalen Finanzkrise. Wie so viele Unternehmen hatte nauch Xu Jiayin und sein Unternehmen, das damals noch Guangzhou Evergrande hieß, finanzielle Probleme. Er löste sie, indem er nach Hongkong ging und sich bei deren stets flüssigen Tycoons einschmeichelte, indem er drei Monate lang mit ihnen Karten spielte. Danach flossen die Millionen, Guangzhou Evergrande überlebte. Diese Story kolportierte einst das Nachrichtenportal Sina Finance. Doch jetzt ist das Spiel aus für Xu Jiayin. Er hat ganz schlechte Karten.

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